Rechte der Bürgerinnen und Bürger und Anfechtungsmöglichkeiten
Bei Fragen zum Ablauf der Sitzungen des Legislativorgans einer Körperschaft (Gemeinde, Gemeindeverband, Anstalt oder Bürgergemeinde) wenden sich die Bürgerinnen und Bürger an diese Körperschaft. Bei Bedarf wendet sich die Körperschaft in erster Linie an das Oberamt und subsidiär an das Amt für Gemeinden.
Wenn es um politische Rechte im Zusammenhang mit einer Volksabstimmung (Urnengang) geht und die Fragen nicht von der Körperschaft beantwortet werden können, ist ebenfalls das Oberamt zuständig und an zweiter Stelle das Generalsekretariat der Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft (ILFD).
Bei allen Fragen, die den Ausstand bei Sitzungen des Exekutiv- oder des Legislativorgans einer Körperschaft (Gemeinde, Gemeindeverband, Anstalt oder Bürgergemeinde) betreffen, wenden sich die Bürgerinnen und Bürger an diese Körperschaft. Wenn nötig wendet sich die Körperschaft an das Oberamt.
Entscheide von Gemeindeorganen (Exekutive, Legislative, allfällige untergeordnete Organe mit Entscheidungsbefugnis) oder von Rechtsträgern einer Delegation öffentlicher Gemeindeaufgaben können mit den in Artikel 153 ff. GG vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten werden.
Die Entscheide der Organe der Gemeindeverbände (Vorstand, Delegiertenversammlung, allfällige weitere Organe mit Entscheidungsbefugnis) können gemäss dem Verweis in Artikel 131 GG ebenfalls mit den in Artikel 153 ff. GG vorgesehenen Rechtsmitteln angefochten werden.
Eine Besonderheit betrifft die Anfechtung von Reglementen oder anderen Ausführungsbestimmungen der Gemeindeexekutive, da das GG keine Rechtsmittel vorsieht. Eine allfällige Beschwerde wäre daher gestützt auf Artikel 82 Bst. b BGG direkt an das Bundesgericht zu richten, innerhalb einer Beschwerdefrist von 30 Tagen seit der Veröffentlichung des besagten Erlasses (Art. 101 BGG). Eine Änderung der eidgenössischen und kantonalen Rechtsgrundlagen ist jedoch in Arbeit: in Zukunft sollten auch Reglemente der Exekutive auf kantonaler Ebene angefochten werden können, bevor beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht wird. Einsprachen gegen Entscheide, die in Anwendung eines Reglements getroffen werden (= konkreter Entscheid der Gemeinde gegenüber einer Einwohnerin oder einem Einwohner), finden hingegen nach dem ordentlichen Verfahren der Artikel 153 ff. GG statt.
Neben der Anfechtung von Entscheiden nach Artikel 153 ff. GG gibt es folgende Möglichkeiten, wenn kein anzufechtender Entscheid vorliegt:
Aufsichtsbeschwerde
Wenn eine Behörde Handlungen begeht, die ein Einschreiten im öffentlichen Interesse erfordern, dann kann jede Person sie jederzeit bei der oberen Behörde (vorgesetzte oder Aufsichtsbehörde) anzeigen. Die Person, die die Aufsichtsbeschwerde eingereicht hat, wird darüber informiert, ob aufgrund dieser Beschwerde etwas veranlasst wurde, sie hat jedoch keine besonderen Rechte in dem gegebenenfalls eingeleiteten Verfahren.
Beschwerde wegen fehlendem Entscheid (Rechtsverweigerung)
Wenn eine Behörde einen Entscheid verweigert oder verzögert, kann die Person, die diesen Entscheid erwartet, jederzeit bei der oberen Behörde (vorgesetzte oder Aufsichtsbehörde) dieser Behörde eine Beschwerde wegen fehlendem Entscheid (Rechtsverweigerung) einlegen.
Erachtet die obere Behörde die Beschwerde als begründet, so entscheidet sie in der Sache anstelle der unteren Behörde.
Petition
Jede Person kann sich schriftlich bei einer gesetzgebenden, richterlichen oder vollziehenden Behörde oder einer Verwaltungsbehörde des Staates, einer Gemeinde oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft beschweren oder an sie einen Vorschlag oder eine Bitte richten.
Man muss nicht volljährig oder handlungsfähig sein, um eine Petition einzureichen. Es genügt, urteilsfähig zu sein. Juristische Personen verfügen ebenfalls über das Petitionsrecht, allerdings nur innerhalb der Schranken ihres Zwecks.
Die Behörde ist verpflichtet, die Person in einer begründeten Antwort darüber zu informieren, welche Folge der Petition gegeben wurde.
Organisation und Funktionsweise öffentlicher Körperschaften
Kommissionen werden zur Unterstützung der Gemeindeexekutive (Art. 67 GG) oder der Gemeindelegislative (Art. 15bis GG) gebildet und sind obligatorisch oder fakultativ.
| Art der Kommission |
Gesetzliche Grundlage |
Pflicht |
Anzahl Mitglieder |
Wählendes Organ |
Wählbarkeit |
|---|---|---|---|---|---|
| Finanzkommission |
Art. 70 GFHG |
Obligatorisch |
Min. 5 (3 für Verbände) |
Legislative |
Stimmberechtigte mit Wohnsitz in der Gemeinde bzw. Mitglieder des Generalrats bzw. Mitglieder der Delegiertenversammlung Nicht wählbar: Mitglieder der Exekutive und Gemeindepersonal |
| Einbürgerungskommission |
Art. 43 BRG |
Obligatorisch |
5 bis 11 |
Legislative |
Stimmberechtigte mit Wohnsitz in der Gemeinde Ein Mitglied der Exekutive kann ohne Stimmrecht, aber mit beratender Stimme teilnehmen |
| Planungskommission |
Art. 36 Abs. 2 RPBG |
Obligatorisch |
Min. 5 |
Mehrheit von der Legislative gewählt, der Rest von der Exekutive |
Jede handlungsfähige Person |
| Energiekommission |
Art. 27 EnGe |
Obligatorisch |
Frei |
Exekutive |
Jede handlungsfähige Person |
| Sozialkommission |
Art. 19 f. SHG (bis zum 31.12.2025) Art. 47 SHG (ab 1.1.2026) |
Obligatorisch |
5 bis 9 |
Exekutive oder Legislative, wenn die Statuten es vorsehen |
Alle auf Gemeindeebene Stimmberechtigten Vertretung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kreise |
| Fakultative Kommissionen (Exekutive) |
Art. 61 Abs. 5 GG Art. 67 GG Einsetzung aufgrund eines Reglements der Exekutive (ständige Kommission) oder eines Beschlusses (nichtständige Kommission) |
Fakultativ |
Frei |
Exekutive Möglichkeit, in einem Reglement der Exekutive eine teilweise Wahl durch die Legislative vorzusehen |
Jede handlungsfähige Person |
| Fakultative Kommissionen (Legislative) |
Art. 36 GG Art. 46 Abs. 2 GG Art. 16 ARGG Einsetzung aufgrund eines Reglements der Legislative (ständige Kommission) oder eines Beschlusses (nichtständige Kommission) |
Fakultativ |
Frei |
Legislative Auf Antrag der Parteien/Gruppen |
Jede handlungsfähige Person Politische Repräsentativität erforderlich |
| Örtliche Feuerkommission |
Aufgehoben seit dem 1.7.2021 |
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- |
- |
| Verwaltungskommission |
Nach dem GG nicht zulässig |
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- |
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Vgl. Info’GemA 23/2021 ‘Gemeindereglemente und Statuten der Gemeindeverbände’.
Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, ist alles, was für Gemeinden gilt, auch für Gemeindeverbände anwendbar. Auf der den Gemeindeverbänden gewidmeten Website finden sich zudem spezifische Verweise.
Reglemente und rechtlicher Rahmen
Vgl. Info’GemA 23/2021 ‘Gemeindereglemente und Statuten der Gemeindeverbände’. Dieses Info'GemA gilt für alle im GG vorgesehenen Körperschaften, d. h. für Gemeinden, Gemeindeverbände, Anstalten und Bürgergemeinden.
Die zur Verfügung stehenden Musterreglemente und die Kontaktpersonen und/oder Anlaufstellen sind auf der Website des GemA aufgelistet.
Vgl. Info’GemA 23/2021 ‘Gemeindereglemente und Statuten der Gemeindeverbände’.
Alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder andere Organe oder Dritte, die kantonale oder kommunale Aufgaben wahrnehmen, unterliegen der Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB, ÖBG, ÖBR), zu den in dieser Gesetzgebung genannten Bedingungen. Insbesondere z. B. die Schwellenwerte für die Wahl des Verfahrens sind in den Anhängen 1 und 2 der IVöB festgelegt.
Die RIMU ist die kantonale Aufsichtsbehörde für das öffentliche Beschaffungswesen (Art. 13 ÖBG). Ein Kompetenzzentrum für das öffentliche Beschaffungswesen, das dem Generalsekretariat der RIMU angegliedert ist, übernimmt eine Beratungs- und Informationsfunktion für Auftraggeberinnen und Auftraggeber und Anbieterinnen und Anbieter (Art. 15 ÖBG). Ergänzend können die vom Leistungsgegenstand betroffenen Direktionen gegebenenfalls Auskunft geben, falls nötig.
Pflichten in den Bereichen Transparenz, Kommunikation und Datenschutz
Die Dokumente, die auf der Website der einzelnen Körperschaften veröffentlicht werden müssen, sind die in Artikel 42b Abs. 2 ARGG aufgelisteten Dokumente sowie die Budgets und Rechnungen (Art. 84 KV).
Auch die interkommunalen Vereinbarungen müssen veröffentlicht werden (Art. 42b Abs. 2 Bst. 3 ARGG).
Ausserdem müssen die Websites der Gemeinden die notwendigen Links vorsehen zu den entsprechenden Seiten der Websites der Körperschaften, denen sie angehören (z. B. Reglemente, Statuten, Unterlagen für ein Referendum usw.).
Es wird empfohlen, dass die Gesetzgebung und die offiziellen Mitteilungen der Gemeinden nach dem Vorbild des Bundes und des Kantons Freiburg dem Grundsatz der sprachlichen Gleichstellung entsprechen und dementsprechend geschlechtsneutrale, geschlechter- oder gendergerechte Formulierungen zu verwenden.
| Unterstellte Dokumente |
Alle amtlichen Dokumente sind dem vom InfoG vorgesehenen Zugangsrecht unterstellt. Vorbehalten sind die in diesem Gesetz festgelegten Ausnahmen. Die Definition des «amtlichen Dokuments» findet sich in Artikel 22 InfoG. |
|---|---|
| Ausnahme |
Nicht dem Zugangsrecht nach dem InfoG unterliegen spezialgesetzlich geregelte Bereiche (Art. 21 InfoG). Vom Zugangsrecht ausgeschlossen sind insbesondere Protokolleder Sitzungen der Exekutive und der Kommissionen (Art. 103bis GG) sowie Dokumente aus hängigen Verfahren (für diese ist bezüglich Einsichtnahme das VRG anwendbar). |
| Einschränkung | Der Zugang zu einem amtlichen Dokument wird aufgeschoben, eingeschränkt oder verweigert, wenn ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse entgegensteht (Art. 25 ff. InfoG). |
| Verfahren | Das Zugangsverfahren ist in den Artikeln 31 ff. InfoG geregelt. Der Zugang und das Zugangsverfahren sind in der Regel kostenlos (Art. 24 InfoG). |
| Besonderheit |
Zugangsrecht im Bereich Raumplanung: Die Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, über eine Fernverbindung auf die elektronischen Unterlagen für die öffentliche Auflage zuzugreifen (Art. 135a Abs. 5 RPBG). In der Praxis wird die persönliche Anwesenheit in der Verwaltung bevorzugt, da der Zugang über die Plattform FRIAC mit gewissen Schwierigkeiten verbunden ist (Identifizierung, Behandlungsfrist, Vollständigkeit der tatsächlich online gestellten Dokumente, Verständnis des Systems usw.). |
Die Datenschutzgesetzgebung gilt für die gesamte Verwaltung und die Organe der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der Gemeindeanstalten und der Bürgergemeinden, einschliesslich ihrer Kommissionen und ihrer allfälligen Beauftragter. Nützliche Informationen finden Sie untenstehend, insbesondere eine kommunale Musterrichtlinie.