Volksabstimmung vom 28. September 2025 : Initiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer»
Am 28. September stimmt die Freiburger Bevölkerung über eine kantonale Initiative mit dem Titel «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» ab. Der Staatsrat und der Grosse Rat sowie alle Gemeinden rund um den Greyerzersee empfehlen, diese Initiative abzulehnen, da sie sie für zu restriktiv halten.
In Kürze
Die Initiative schlägt eine Änderung der Kantonsverfassung vor, damit der Greyerzersee, seine Umgebung und die Gesamtheit seiner Ufer als ein kantonales Naturerbe zu betrachten sind, das es zu bewahren und zu schützen gilt.
Der Grosse Rat und der Staatsrat, unterstützt von allen Gemeinderäten der Gemeinden rund um den Greyerzersee, lehnen diese Initiative ab.
Argumente des Initiativkomitees
Die Initiative möchte den Greyerzersee schützen und bewahren, ohne seine Umgebung und Ufer starr festzulegen. Diese Initiative setzt sich für eine nachhaltige touristische und wirtschaftliche Nutzung des Sees ein. Sie will die Entwicklung von Projekten verhindern, die eine «Disneylandisierung» zur Folge haben, und eine vernünftige Nutzung des Sees und seiner Ufer fördern, insbesondere durch Sportler, Fischer sowie Naturfreunde und Liebhaber des sanften Tourismus.
Argumente der Behörden
Der Staatsrat und der Grosse Rat empfehlen, diese Initiative abzulehnen, da sie sie für zu restriktiv halten. Die Erhaltung des Greyerzersees, der als Landschaft von kantonaler Bedeutung anerkannt ist, wird bereits durch die Bundes- und die Kantonsgesetzgebung gewährleistet. Diese haben zum Beispiel zum Verzicht auf das Projekt Goya Onda geführt, das der Initiative zugrunde liegt. Der kantonale Richtplan und der regionale Richtplan Greyerz gewährleisten, dass die Biodiversität des Sees und seiner Ufer erhalten bleibt und gleichzeitig die Entwicklung von Tourismus- und Freizeitaktivitäten ermöglicht wird.
Präsentation der Vorlage
Die Verfassungsinitiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» wurde am 14. Dezember 2022 eingereicht. Sie schlägt eine Teilrevision der Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai 2004 vor, um den Schutz und die Erhaltung des Greyerzersees, seiner Umgebung und der gesamten Uferzone als Naturerbe zu verankern. Ihr Zustandekommen wurde im Amtsblatt Nr. 6 vom 10. Februar 2023 festgestellt, und ihre Gültigkeit wurde vom Grossen Rat per Dekret vom 27. November 2023 festgestellt.
Am 10. Oktober 2024 beschloss der Grosse Rat auf Antrag des Staatsrats, sich dieser Verfassungsinitiative nicht anzuschliessen und keinen Gegenvorschlag vorzulegen.
Der Text der Verfassungsinitiative in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs verlangt, dass Artikel 73 der Kantonsverfassung um einen Absatz 4 mit folgendem Wortlaut ergänzt wird:
Artikel 73 Umwelt und Raum – Natur- und Heimatschutz
Neu : 4 Der Greyerzersee, seine Umgebung und die Gesamtheit seiner Ufer sind ein kantonales Naturerbe, das es zu bewahren und zu schützen gilt.
Die Argumente des Initiativkomitees
Die Initiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer (Sauvez les Laviaux)» beabsichtigt, den Greyerzersee, alle seine Ufer und seine unmittelbare Umgebung zu schützen und zu bewahren. Obwohl der See künstlich angelegt wurde, bietet er eine bemerkenswert vielfältige Natur und Landschaft, die es unbedingt zu bewahren gilt. Da es sich um einen Verfassungstext handelt, sind die Begriffe gewollt vage gehalten, damit der Gesetzgeber und die Gemeinden die Begriffe im Einzelfall auslegen können.
Die Initianten möchten den See und seine unmittelbare Umgebung nicht durch strenge Schutzmassnahmen in ihrer Entwicklung erstarren lassen. Sie möchten, dass die wesentlichen Bestimmungen des Bundesrechts im Bereich der Raumplanung vollständig und mit Bedacht angewendet werden, damit leichte Veränderungen, die für eine nachhaltige Entwicklung nötig sind, immer ermöglicht werden können.
Die Initiative hat zum Ziel, grossangelegte künstliche Eingriffe in die Ufer und den See durch unverhältnismässige Projekte, welche die Umwelt beinträchtigen und Schäden verursachen, zu verbannen. Die heutigen Bauzonen sind von der Initiative nicht betroffen, auch nicht die verhältnismässige Nutzung der Ufer, zum Beispiel durch Sportler, Fischer und Liebhaber der Natur und des sanften Tourismus.
Natürlich ist der Greyerzersee auch ein Speichersee, welcher der Erzeugung von Energie durch Wasserkraft dient. Die Initiative schränkt die Nutzung des Sees zu diesem Zweck in keiner Weise ein.
Den Greyerzersee zu bewahren und die Möglichkeit einer vernünftigen Nutzung zuzulassen, reiht sich in die nachhaltige Entwicklung des Tourismus und der Wirtschaft ein, wie sie von den Freiburgerinnen und Freiburgern angestrebt wird. Der Greyerzersee gilt weitherum als attraktiv, weil er so schön ist, und es ist genau diese Schönheit, die die Initiative schützen möchte. Der See trägt viel zur Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner der Region und zum touristischen Bild des Kantons Freiburg bei. Der See ist kostbar und darf nicht einer masslosen «Disneylandisierung» ausgesetzt werden.
Die Initiative «Sauvez les Laviaux» appelliert an die Vernunft, damit der Greyerzersee auch für die künftigen Generationen bleibt, was er heute für alle und jeden ist.
Der Standpunkt der Behörden
Würdigung der Initiative
Der Grosse Rat und der Staatsrat, die von allen Gemeinderäten der Gemeinden am Greyerzersee unterstützt werden, teilen zwar gewisse Anliegen der Initiative, sind aber der Ansicht, dass letztere zu restriktiv ist und Umgestaltungen rund um den See noch komplizierter machen würde. In Anbetracht der gegenwärtigen Situation und der geplanten Projekte sind solche jedoch nach wie vor notwendig.
Nachdem sie einen Gegenvorschlag in Betracht gezogen hatten, haben die Behörden festgestellt, dass mit den bereits bestehenden Vorschriften ein starker und ausreichender Schutz des Greyerzersees und seiner Ufer gewährleistet ist. Die Einführung eines spezifischen, standortbezogenen Artikels in der Kantonsverfassung würde eine Ausnahme darstellen und zudem die Gefahr komplexer und unübersichtlicher Verfahren mit sich bringen.
Der Greyerzersee
Der Greyerzersee wurde 1948 künstlich angelegt, um den Strombedarf des Kantons Freiburg zu decken. Es ist ein Ort, an dem sich zahlreiche Freizeit- und Tourismusaktivitäten entwickeln. Der Greyerzersee ist von hohem landschaftlichem Wert und umfasst auch geschützte Sektoren.
Bestehende Schutzmassnahmen
Der Bund und der Kanton Freiburg haben zahlreiche Instrumente zum Schutz der Natur und der Landschaft eingeführt, die auch den Greyerzersee und seine Ufer betreffen. Diese werden hauptsächlich durch die eidgenössischen und kantonalen Gesetze in den Bereichen Natur- und Landschaftsschutz und Raumplanung geregelt.
Das Grundkonzept der kantonalen Politik im Bereich Natur- und Landschaftsschutz ist im kantonalen Richtplan, in den regionalen Richtplänen und in der kantonalen Biodiversitätsstrategie festgelegt. Im Kanton Freiburg gibt es auch zahlreiche Schutzgebiete, darunter das Vogelreservat des Greyerzersees.
Zudem gehört der Greyerzersee zu einer der zwölf Landschaften von kantonaler Bedeutung, die in den kantonalen Richtplan aufgenommen wurden.
Kantonaler Richtplan und regionaler Richtplan Greyerz
Die Initiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» richtet sich gegen das Projekt Goya Onda, das eine künstliche Welle auf dem Greyerzersee und den Bau eines Freizeitkomplexes am Ufer des Sees vorsah. Gestützt auf die Stellungnahme des Bundesamts für Raumentwicklung war der Staatsrat der Ansicht, dass die bestehenden Vorschriften eine solche Entwicklung nicht zuliessen. Das Projekt wurde daher aufgegeben.
Der Staatsrat genehmigte den regionalen Richtplan Greyerz, nachdem die Initiative eingereicht worden war. Dieser regionale Richtplan enthält ein spezifisches Massnahmenblatt zur Bewirtschaftung der Ufer des Greyerzersees. Es soll unter anderem gewährleisten, dass am See Flächen für die Biodiversität vorhanden sind, sich Tourismus- und Freizeitaktivitäten auf definierte Bereiche konzentrieren und der Zugang zu den Ufern in diesen Bereichen verbessert wird, während Zweitwohnungen gleichzeitig eingeschränkt werden sollen. Zudem soll es eine obligatorische Koordination geben zwischen den Anrainergemeinden des Greyerzersees, den Tourismusakteuren und den Wasserwerkbetreibern. Das Genehmigungsverfahren bestätigte, dass sensible Gebiete für Wildtiere und Naturräume bereits ausreichend geschützt sind.
Folgen bei Annahme der Initiative
Den Schutz eines bestimmten Landschaftsbilds wie des Greyerzersees in der Kantonsverfassung zu verankern, würde die Gefahr komplexer und unübersichtlicher Verfahren mit sich bringen, insbesondere für die Gemeinden. Sollte die Initiative angenommen werden, könnte man sich auf diesen neuen Artikel stützen, um gegen jedes ‒ noch so kleine ‒ Projekt an den Ufern und in der Umgebung des Sees zu opponieren.
Schlussfolgerung
Die bestehenden gesetzlichen Mechanismen gewährleisten einen wirksamen und ausreichenden Schutz des Greyerzersees und seiner Ufer. Insbesondere haben sie es bereits ermöglicht, dem Projekt Goya Onda entgegenzuwirken, wobei gleichzeitig die Möglichkeit offenbleibt, gewisse zukünftige Umgestaltungen, insbesondere im Bereich der sanften Mobilität, zu erwägen. Die bestehenden Schutzmassnahmen haben sich also bei der Prüfung des Projekts Goya Onda als wirksam erwiesen. Die Verankerung eines zusätzlichen Schutzes in der Kantonsverfassung würde jede neue Aktivität in der Umgebung der Ufer des Greyerzersees gefährden. Dies würde auch die Bemühungen der lokalen, regionalen und kantonalen Behörden, die Erhaltung und den Zugang zu diesem Naturerbe zu gewährleisten, infrage stellen.
Die parlamentarischen Debatten
Der Grosse Rat befasste sich zweimal mit diesem Dossier. Am 27. November 2023 wurde die Verfassungsinitiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» einstimmig für gültig erklärt.
Am 10. Oktober 2024 beschloss der Grosse Rat mit Mehrheit (56 gegen 36 Stimmen bei 2 Enthaltungen), keinen Gegenvorschlag vorzulegen. Bei der Schlussabstimmung beschloss der Grosse Rat mit 79 gegen 4 Stimmen bei 14 Enthaltungen, sich der Initiative nicht anzuschliessen.
Ausgehend von der Feststellung, dass die Ufer des Greyerzersees bereits umfassend und genügend geschützt sind, hielt es die Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht für notwendig, in der Kantonsverfassung einen besonderen und zusätzlichen Schutz einzig für den Greyerzersee zu verankern. Sie waren der Ansicht, dass die bestehenden Normen und Instrumente, insbesondere in den Bereichen Raumplanung sowie Natur- und Landschaftsschutz, ausreichend sind, um einen angemessenen Schutz des Greyerzersees und seiner Ufer zu gewährleisten. Sie wollen keine Verdichtung der Gesetzgebung durch die Einführung zusätzlicher Rechtsnormen. Die Grossratsmitglieder, die sich für einen Gegenvorschlag aussprachen, betonten die Notwendigkeit, eine Koordination auf Ebene der Anrainergemeinden vorzusehen oder zu diesem Zweck eine interkommunale Kommission einzusetzen. Dies würde aber nach Ansicht der Mehrheit mit den bereits im Richtplan eingeführten Massnahmen zu einer Doppelspurigkeit führen.
Eine grosse Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, darunter auch einige, die sich für den Gegenvorschlag ausgesprochen hatten, lehnte die Initiative bei der Schlussabstimmung ab.
Häufig gestellte Fragen
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Nein. Die Verfassung des Kantons Freiburg überträgt dem Staat und den Gemeinden die Aufgabe, für den Natur- und Heimatschutz zu sorgen, die Tier- und Pflanzenvielfalt zu schützen und bei der Raumplanung auf den Schutz der Landschaften und Ortsbilder zu achten (Art. 73). Sie sieht aber keinen Schutz für einen bestimmten Ort vor.
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Ja. Die Bundesgesetzgebung und die kantonale Gesetzgebung sehen zahlreiche Schutzinstrumente vor, die für den gesamten oder einen Teil des Greyerzersees und seiner Ufer gelten. So gehört der Greyerzersee beispielsweise zu einer der 12 im kantonalen Richtplan anerkannten Landschaften von kantonaler Bedeutung. Ausserdem ist er auch im regionalen Richtplan Greyerz enthalten, der unter anderem zum Ziel hat, Flächen für die Biodiversität zu sichern. Die verschiedenen Aspekte des Sees und seiner Ufer sind zudem geschützt (Gesetzgebung über den Natur- und Landschaftsschutz, Reservat von nationaler Bedeutung, Gewässerraum usw.). Das Projekt «Goya Onda» in Morlon, das den Anstoss für die Initiative gab, wurde im Übrigen als mit der aktuellen Gesetzgebung unvereinbar eingestuft und daher aufgegeben.
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Nein. Alle Gemeinderäte der Gemeinden, die an den Greyerzersee angrenzen (Botterens, Broc, Corbières, Echarlens, Gibloux, Hauteville, La Roche, Marsens, Morlon, Pont-en-Ogoz, Pont-la-Ville, Sorens und Treyvaux), haben sich gegen die Initiative ausgesprochen.
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Nein. Bei Annahme der Initiative kann sich jede Person oder Organisation direkt auf diese neue Verfassungsbestimmung berufen, um gegen jegliches Projekt an den Ufern und in der Umgebung des Sees zu opponieren. Es wird dann Sache der Gerichte sein, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob die Projekte verfassungskonform sind. Dies würde die Realisierung von Projekten rund um den Greyerzersee, einschliesslich der Erhaltung und des Unterhalts von Bestehendem, wesentlich ungewisser machen.
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Nein. Im Schweizer Recht ist die Verfassung die oberste Rechtsnorm auf kantonaler Ebene. Ein kantonales Gesetz kann einer in der Verfassung verankerten Bestimmung nicht widersprechen oder sie abschwächen, es sei denn, die Verfassung sieht ausdrücklich einen Interpretationsspielraum vor oder überträgt die Regelung an das Gesetz. Dies ist jedoch im vorgeschlagenen Artikel nicht der Fall. Wenn die Initiative angenommen wird, hat der Verfassungsartikel Vorrang vor allen kantonalen Gesetzen und Reglementen. Es wird also nicht möglich sein, ein Gesetz zu verabschieden, um die verfassungsrechtlichen Anforderungen zu «lockern», selbst wenn damit bestimmte Umgestaltungen erleichtert werden sollen. Im Streitfall könnte der Richter die kantonale Ausführungsbestimmung für verfassungswidrig erklären.
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Nein. Die Behauptung, dass die Annahme der Initiative automatisch zur Schliessung der Wanderwege führen würde, ist falsch. Grundsätzlich sind bestehende Anlagen und Umgebungsgestaltungen nicht direkt gefährdet. Allerdings wird sich die Frage nach ihrer Entwicklung und in geringerem Masse auch nach ihrem Unterhalt stellen, da sich jeder Gegner auf die neue Verfassungsbestimmung berufen könnte, um das Projekt zu blockieren.
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Nein. Die Initiative «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» ist eine Initiative in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs. Im Falle einer Annahme wird der vorgeschlagene Artikel unverändert in die Verfassung eingefügt und kann vor Gericht geltend gemacht werden. Der Grosse Rat hat bereits über die Initiative abgestimmt und es abgelehnt, einen Gegenvorschlag zur Initiative vorzulegen. Der Staatsrat könnte veranlasst werden, Verordnungen auszuarbeiten, um die Anwendungsmodalitäten festzulegen, doch dürfen diese Verordnungen keine Ausnahme zum oder Abschwächung des Verfassungsartikels enthalten.
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Nein. Die Freiburger Gesetzgebung unterscheidet zwischen einer Initiative als allgemeine Anregung oder einer Initiative als ausgearbeiteter Entwurf. Die Initianten von «Für die Erhaltung des Greyerzersees und seiner Ufer» haben sich dafür entschieden, eine Initiative in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs einzureichen. Im Falle einer Annahme würde der von ihnen vorgeschlagene Artikel also unverändert in die Kantonsverfassung eingefügt und könnte in jedem Rechtsstreit vor Gericht geltend gemacht werden. Eine Ausführungsverordnung könnte jedoch Präzisierungen enthalten, müsste aber den Wortlaut des Verfassungsartikels respektieren.
Ergebnisse und Urnengänge
Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft
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Letzte Änderung: 02.10.2025