Bis zum 5. Oktober stellt Laurence Kubski in Arles ihre Freiburger Foto-Enquête mit dem Titel Sauvages aus. Am Rande der Vernissage im ehemaligen Collège Mistral hat sie in einem Video-Duplex einige Fragen beantwortet.
„Die Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg präsentiert den Kanton Freiburg bei den Rencontres d'Arles“
In diesem Sommer werden zwei Fotoausstellungen aus Freiburg im Rahmen der Rencontres d'Arles, einem der weltweit wichtigsten Events dieser Art, gezeigt. Interview mit den beiden vor Ort anwesenden Fotografinnen Laurence Kubski und Virginie Rebetez. Ebenso mit Philippe Trinchan, dem Leiter des Kulturamtes des Kantons Freiburg, der diese Aufträge initiiert hat.
Veröffentlicht am 16. Juli 2025 - 09h19
Laurence Kubski, erzählen Sie uns etwas über Ihre Serie Sauvages, die 2024 mit dem Freiburger Fotografiepreis ausgezeichnet wurde.Wie Sie wissen, hat die Freiburger Fotografiepreisträgerin zum Ziel, eine Art zeitgenössisches fotografisches Erbe des Kantons Freiburg zu schaffen. Alle zwei Jahre schlägt ein Preisträger ein Thema vor. Ich habe vorgeschlagen, eine Art Bericht zu erstellen, der die Interaktionen zwischen den Freiburgerinnen und Freiburger und der wilden Tierwelt beleuchtet, und dieser Vorschlag wurde ausgewählt. Das Ergebnis ist ein Jahr fotografischer Arbeit und die Veröffentlichung eines Buches mit dem Titel Sauvages, das gemeinsam von der BCU und dem Verlag Textuel herausgegeben wurde. Und diese Ausstellung, die zunächst in Friart (Freiburg) zu sehen war und nun im ehemaligen Collège Mistral im Rahmen der Rencontres d'Arles präsentiert wird.
Wie kam es dazu, dass eine Freiburger Fotoarbeit in Arles ausgestelltDas ist eine lustige Geschichte. Über Friart hatten wir uns für einen Preis beworben, den Louis-Roederer-Preis, für den ich nicht ausgewählt wurde. Aber meine Arbeit wurde dadurch von Leuten gesehen, die auch für die Rencontres d'Arles zuständig sind. Sie haben mir daraufhin angeboten, das Projekt hier auszustellen. Sie können sich also vorstellen, dass ich nicht lange überlegen musste, als man mich fragte, ob ich ausstellen wolle. Es ist wirklich eine grosse Freude, dieses Freiburger Projekt hier präsentieren zu können.
Ihre Bilder aus der Serie Sauvages sind in einem genau definierten Gebiet entstanden, nämlich im Kanton Freiburg. Wie reagiert das Publikum in Arles auf diese Bilder von Orten, die es nicht unbedingt kennt?Ich wollte dieses Projekt fest in der Region Freiburg verankern. Ich wollte auch Traditionen zeigen, eine sehr lokale Verankerung. Das Freiburger Gebiet diente mir auch als Beispiel für einen etwas allgemeineren, eher westlichen Ansatz. Und ich glaube, dass das Wagnis nicht ganz verloren war, denn es gab tatsächlich Leute hier, die mir sagten: „Hey, ich habe auch Froschlaich gesammelt und ihn vor dem Haus aufgezogen. Die Eier aus Glas hatte mein Großvater in der Garage.» Ich war berührt von den vielen Anekdoten, die mir erzählt wurden. Das findet bei den Menschen hier großen Anklang. Das ist ziemlich bewegend.
Weitere Informationen: Laurence Kubski – Ausstellung im ehemaligen Collège Mistral – Les Rencontres de la photographie d'Arles
Philippe Trinchan: "Ich glaube, dass die Fotografische Ermittlung durch die künstlerische Distanzierung tatsächlich ein weit über das lokale Publikum hinausreichendes Interesse weckt."
Philippe Trinchan, Leiter der Kulturabteilung des Kantons Freiburg, hat die Vernissagen der beiden Freiburger Foto-Enquêtes bei den Rencontres d'Arles besucht.
Mit zwei Serien, die derzeit bei den Rencontres de la Photographie in Arles zu sehen sind – ganz zu schweigen von der Anwesenheit mehrerer Preisträger vor Ort – geniesst die Enquête photographique fribourgeoise internationale Anerkennung, was Sie sicherlich freut?Philippe Trinchan: Ja, die Die Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg (FE) hat im Laufe der Jahre sowohl in der Schweiz als auch im Ausland einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Die Wiederaufnahme der Ausstellungen ist ein Zeichen dafür, ebenso wie der internationale Verkauf der Publikationen oder die Anzahl der bei der Jury eingereichten Dossiers. Die Enquête macht den Kanton Freiburg bekannt und weckt durch ihr Profil, das Raum für Universalität lässt, Interesse. Jeder kann sich darin wiederfinden!
Welche positiven Auswirkungen und Lehren ziehen Sie aus dieser Präsenz Freiburgs im Herzen eines der weltweit wichtigsten Ereignisse im Bereich der Fotografie?Die FE ist einer der wenigen öffentlichen Aufträge im Bereich der Fotografie, der sich für die Schnittstelle zwischen dem vom Fotografen gewählten Thema und seinem künstlerischen Vorschlag interessiert, der sich aus seinen früheren Arbeiten speist. Dadurch entsteht ein künstlerisches Werk, das über die rein dokumentarische Dimension hinausgeht. Neben der langen Recherchezeit, die dem Künstler zur Verfügung steht, legen wir Wert auf die Qualität der Publikation und der Ausstellung. Außerdem legen wir Wert auf die Vielfalt der Blickwinkel und fotografischen Schulen. Wenn man den Fotografen in Arles zuhört, wird diese Art der Förderung leider immer seltener.
Trotz ihrer starken und selbstbewussten Verankerung im Kanton Freiburg vermitteln die Fotografien von Laurence Kubski und Virginie Rebetez universelle Botschaften. Welche Reaktionen haben Sie vor Ort vom Publikum gehört?Das Publikum interessiert sich für die behandelten Themen, in diesem Fall die wilde Natur bei der ersten Ausstellung und Medien und Heiler bei der zweiten. Ich habe auch gespürt, dass es von der Sorgfalt beeindruckt war, mit der diese Themen in einem bestimmten Gebiet, nämlich Freiburg, beobachtet wurden. Ich glaube, dass die FE durch die künstlerische Distanzierung tatsächlich ein weit über das lokale Publikum hinausreichendes Interesse weckt.
Erzählen Sie uns kurz etwas über die nächste Freiburger Foto-Enquête, die Thaddé Comar gewidmet ist und ab Januar 2027 in der BCU zu sehen sein wird.Nach mehreren Reportagen in der Natur kehren wir in die Stadt zurück und beschäftigen uns mit den zwischenmenschlichen Beziehungen der Freiburgerinnen und Freiburger. Ich bin gespannt, wie der Fotograf, der sich für Unruhen in sozialen Brennpunkten grosser Ballungsräume oder für grosse politisch-mediale Ereignisse interessiert, das Thema des Freiburger Karnevals angehen wird, der einst Momente und Orte sozialer Grenzüberschreitungen war und mit der Zeit zu einer Folklore geworden ist.
Weitere Informationen: Die Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg
Virginie Rebetez: «Ein Auftrag wird sowieso zu einem persönlichen Projekt»
Bis zum 5. Oktober ist Virginie Rebetez Teil der Gemeinschaftsausstellung Sortilèges, die im Rahmen der Rencontres d'Arles in der Fondation Manuel Rivera-Ortiz zu sehen ist. Nach ihrer Rückkehr aus der Camargue beantwortete die Preisträgerin der Freiburger Foto-Enquête Malleus Maleficarum (2018) unsere Fragen.
Wie kam es dazu, dass Sie Ihre Freiburger Foto-Enquête bei den Rencontres d'Arles ausstellen?Virginie Rebetez: Anfang dieses Jahres hatte ich Kontakt zu André Pfanner, dem Vizepräsidenten der Fondation Manuel Rivera-Ortiz. Er hatte die Idee zum Thema „Sortilèges” (Zaubersprüche). Er ist selbst Schweizer und sprach mit Peter Pfrunder, dem ehemaligen Direktor der Schweizerischen Stiftung für Fotografie in Winterthur, über dieses Projekt. Wir haben mehrmals über Skype miteinander gesprochen. So kam der Kontakt zustande. In der Fondation Manuel Rivera-Ortiz sind wir etwa zehn Fotografen, die sich für diese Gemeinschaftsausstellung zusammengetan haben. Ich zeige eine Auswahl aus meiner Serie Malleus Maleficarum, die im Rahmen der Enquête photographique fribourgeoise 2018 entstanden ist. Dazu kommt ein Tonvideo, eine Transkription verschiedener spiritistischer Sitzungen.
Wie waren die Reaktionen des Publikums?Das ist immer schwer zu sagen, vor allem in Arles. Florent Basiletti, der Direktor der Stiftung und Kurator der Ausstellung, hat mir gesagt, dass er sehr gutes Feedback bekommen hat.
Ist die Ausstellung seit ihrer ersten Station in der BCU in Freiburg 2018 viel gereist?Ja, sie wurde anschließend an mehreren Orten gezeigt, unter anderem 2020 in China, mitten in der Covid-Pandemie... Wir konnten also nicht hingehen. Die Organisation übernahm Pro Helvetia in Designmuseen in vier grossen Städten. In Frankreich waren diese Bilder noch nie ausgestellt worden.
Wie sehen Sie diese Untersuchung, die von einem Kanton in Auftrag gegeben wurde, heute im Nachhinein?Auch wenn es ursprünglich ein Auftrag war, ist es doch zu einem persönlichen Projekt geworden, das vollständig in meine anderen Projekte integriert ist. Ich bin nach wie vor sehr zufrieden mit dieser Serie. Ich möchte immer wieder kleine Dinge ändern und denke mir, dass ich dies oder jenes vielleicht anders hätte machen sollen. In Arles zeige ich Bilder, die in Freiburg nicht zu sehen waren, aber im Buch enthalten sind. Ich habe auch das Video überarbeitet. Ich mag es, zwei, drei Dinge zu ändern, damit es nicht langweilig wird. Damit es sich weiterentwickelt.
An welchem Thema arbeiten Sie derzeit?Ich habe mehrere Projekte in Arbeit. 2018 bin ich auf einen Zeugenaufruf gestossen, der eine Frau betraf, die in der Arve in Genf gefunden worden war und nie identifiziert wurde. Ich habe ein wenig nachgeforscht und festgestellt, dass ihre Leiche noch immer in der Gerichtsmedizin liegt. Das gesamte Projekt dreht sich um die Frage, wer sich um ihre Leiche kümmern wird, wenn sie unbekannt bleibt, wenn sie eines Tages von der Justiz freigegeben wird. Das ist ein langfristiges Projekt. Ansonsten habe ich noch ein etwas persönlicheres Projekt: Ich werde meine Grosseltern exhumieren lassen ... Das klingt vielleicht etwas drastisch. Aber die Grabstätte läuft bald aus. Es ist ein Projekt über Rituale und Familienüberlieferungen.
Weitere Informationen: Virginie Rebetez, Malleus Maleficarum – Fondation Manuel Rivera-Ortiz – Rencontres photographiques d'Arles
Herausgegeben von Kantons- und Universitätsbibliothek
Letzte Änderung: 16.07.2025 - 09h19