Was ist ein nachhaltiges Quartier?
Im Rahmen seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung engagiert sich der Staat Freiburg für das Ziel 11 «Nachhaltige Städte und Gemeinden» der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UNO, insbesondere durch die Förderung einer Urbanisierung, die umweltfreundlich ist und den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht wird.
Der Staat fördert die Sensibilisierung und die Umsetzung konkreter Massnahmen im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung, vor allem auf Ebene der Quartiere und der Gemeindezentren.
12 Merkmale eines nachhaltigen Quartiers
In einem grünen Quartier ist die Natur ein strukturierendes Element. Dort erbringt sie Ökosystemleistungen und beherbergt ein Höchstmass an Biodiversität.
Beispiele für zentrale Punkte:
- Der Boden ist durchlässig, insbesondere dank Freiflächen.
- Einheimische Arten und Blumenwiese bilden die Landschaft.
- Dächer und Fassaden sind begrünt.
- Nistkästen, Nester und andere Zufluchtsorte fördern die Anwesenheit bestimmter Arten unseres Ökosystems.
- Workshops zur Entdeckung und Sensibilisierung ermächtigen die Bewohnerinnen und Bewohner, sich zu engagieren.
Quartierbeispiele:
- Les Portes du Lac, Estavayer
- Ancienne Papeterie, Marly
- Hunziker Quartier, Zürich
- Kalkbreite Kooperative, Zürich
- Chamblioux-Bertigny Sektor, Freiburg
Ein essbares Quartier wird von einer nachhaltigen Landwirtschaft in der Nähe ernährt. Es steht in Verbindung mit Betrieben in geographischer Nähe und fördert die urbane Landwirtschaft.
Beispiele für zentrale Punkte
- Eine Lebensmittelverkaufsstelle der Region (Laden) ist schnell erreichbar.
- Einwohnerinnen und Einwohner können sich Körbe mit Produkten aus der Region liefern lassen.
- In regelmässigen Abständen wird ein Markt mit lokalen Produkten veranstaltet.
- Ein Gemeinschaftsgarten / Gemeinschaftsgemüsegarten steht zur Verfügung.
- Obstbäume bilden die Landschaft.
Quartierbeispiele
- Le Vallon, Lausanne
- Alt-Quartier, Freiburg
- Les Portes du Lac, Estavayer
- Les Fiches Nord, Lausanne
- Chamblioux-Bertigny Sektor , Freiburg
Ein gesundes Quartier trägt zum körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefinden ihrer Nutzerinnen und Nutzer bei. Man lernt neue Leute kennen, treibt Sport und unternimmt etwas. Hier kann man spazieren gehen, sich erholen und sich unterhalten lassen. Hier wird gegessen, gespielt und die Natur betrachtet.
Beispiele für zentrale Punkte
- Die Nutzerinnen und Nutzer haben die Wahl zwischen Räumen für Freizeit, urbanen Sport, Entspannung, Begegnung und Regeneration.
- Grosse Bäume spenden Schatten und verbessern den thermischen Komfort (Verhinderung von Wärmeinseln).
- Aussichtspunkte ermöglichen es, die Landschaft zu beobachten.
- Die Geschwindigkeit ist aus Lärm- und Sicherheitsgründen auf 30 km/h begrenzt.
- Die Umweltverschmutzung in Innenräumen wird durch eine durchdachte Materialwahl eingeschränkt.
Quartierbeispiele
- Alt-Quartier, Freiburg
- Ancienne Papeterie, Marly
- Les Portes du Lac, Estavayer
- Les Fiches Nord, Lausanne
Ein inklusives Quartier ist für alle Bewohnerinnen und Bewohner attraktiv. Ein solches Quartier lässt niemanden aussen vor, sei es aufgrund von Alter, Kultur, Geschlecht, Vermögen oder anderen Aspekten.
Beispiele für zentrale Punkte
- Es stehen bereichernde Spielplätze für kleine, grosse und sehr grosse Kinder zur Verfügung.
- Die öffentlichen Räume und die Gemeinschaftsräume sind barrierefrei.
- Die Räume und Wege fördern die Begegnung.
- Es steht ein System zur gegenseitigen Unterstützung von Personen zur Verfügung.
- Bei diagnostischen Spaziergängen durch die Nachbarschaft (z. B. mit einem Quartierverein oder einer Kindergruppe) werden die positiven und negativen Aspekte des Quartiers erfasst.
Quartierbeispiele
- Le Vallon, Lausanne
- Hunziker Quartier, Zürich
- Chamblioux-Bertigny Sektor, Freiburg
Ein partizipatives Quartier bezieht die (zukünftigen) Bewohnerinnen und Bewohner und Nachbarinnen und Nachbarn in die Planung und den Betrieb mit ein. Es verfügt über verschiedene Gemeinschaftsräume und beruht auf kollaborativen Ansätzen. Man spürt ein Gefühl der Zugehörigkeit, der Solidarität und des Zusammenhalts.
Beispiele für zentrale Punkte
- Regelmässig werden Nachbarschaftsfeste veranstaltet.
- Ein Kinderrat gibt seine Meinung über das Quartier.
- Ein Verein belebt das Leben im Quartier und bezieht die Bewohnerinnen und Bewohner ein.
- Bewohnerinnen und Bewohner konnten sich zum Projekt oder zum Quartier äussern.
- Es können Gemeinschaftsräume gemietet werden.
Quartierbeispiele
- Le Vallon, Lausanne
- Alt-Quartier, Freiburg
- Les Fiches Nord, Lausanne
- Hunziker Quartier, Zürich
- Kalkbreite Kooperative, Zürich
Ein ressourceneffizientes Quartier mobilisiert nur wenige Ressourcen (Materialien, Energie, Wasser, Boden), sowohl beim Bau als auch während des Betriebs. Es greift auf einfache Lösungen zurück und nutzt das Potenzial von Low-Tech-Lösungen.
Beispiele für zentrale Punkte
- Die Gebäude werden möglichst aus einheimischem Holz gebaut.
- Die Aushubarbeiten wurden auf ein Minimum beschränkt.
- Regenwasser wird aufgefangen und wiederverwertet.
- Die Einwohnerinnen und Einwohner haben Zugang zu einem «Leitfaden für nachhaltiges Handeln».
- Die Beleuchtung erfolgt durch LEDs.
Quartierbeispiele
- blueFACTORY, Freiburg
- Hunziker Quartier, Zürich
Ein erneuerbares und autonomes Quartier verbraucht möglichst viel lokal erzeugte erneuerbare Energie.
Beispiele für zentrale Punkte
- Die Dächer sind mit Photovoltaikanlagen ausgestattet, die gut mit der Begrünung harmonieren.
- Die Fassaden mit hohem Potenzial werden mit Photovoltaikanlagen ausgestattet.
- Die Wärmeerzeugung erfolgt mithilfe effizienter Technologien (Wärmepumpe, Fernwärme, andere).
- Strom wird so weit wie möglich vor Ort verbraucht, z. B. mit einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV).
- Die verwendete Energie ist maximal erneuerbar.
Quartierbeispiele
- Les Portes du Lac, Estavayer
- Ancienne Papeterie, Marly
Ein Quartier der kurzen Wege befindet sich in der Nähe von Netzen des öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilität. Es integriert sie und fördert ihre Kombination. Es limitiert die Nutzung des motorisierten Individualverkehrs, insbesondere durch das Angebot von alternativen gemeinschaftlich genutzten Dienstleistungen.
Beispiele für zentrale Punkte
- Das Quartier befindet sich in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln und Achsen für sanfte Mobilität (Velo- und Fussverbindungen).
- Es stehen Car- und Velosharing-Stationen und zur Verfügung.
- Ein Pedibus bringt die Kinder zur Schule.
- Die Bewohnerinnen und Bewohner erhalten bei ihrer Ankunft Mobilitätskits.
- Werkzeuge zur Veloreparatur werden geteilt und stehen zur Verfügung.
Quartierbeispiele
- blueFACTORY, Freiburg
- Alt-Quartier, Freiburg
- Ancienne Papeterie, Marly
- Les Fiches Nord, Lausanne
- Kalkbreite Kooperative, Zürich
In einem durchmischten Quartier finden sich verschiedene Wohnformen, Generationen, wirtschaftliche Aktivitäten und kulturelle Angebote.
Beispiele für zentrale Punkte
- Eine Kindertagesstätte bringt Leben in die Nachbarschaft.
- Ein Ort für ausserschulische Betreuung steht zur Verfügung.
- Ein Workcafé oder ein Coworking Space ermöglicht es, vor Ort zu arbeiten.
- Die Investoren sind gemischt (Genossenschaft, StWE, institutionelle Investoren, usw.).
- Die typologische Vielfalt fördert die soziale oder generationelle Durchmischung.
Quartierbeispiele
- blueFACTORY, Freiburg
- Le Vallon, Lausanne
- Les Portes du Lac, Estavayer
- Kalkbreite Kooperative, Zürich
- Chamblioux-Bertigny Sektor, Freiburg
Ein produktives Quartier integriert Produktionsaktivitäten, ohne die Lebensqualität des Quartiers zu beeinträchtigen. Es schafft Arbeitsplätze, auch im sekundären Sektor.
Beispiele für zentrale Punkte
- Lokale Handwerkerinnen und Handwerker haben ihre Produktionsstätte im Quartier.
- Eine städtische Farm ist im Quartier oder in der Nähe angesiedelt.
- Ein lokales Jobportal ist zugänglich.
- In Workshops können Gegenstände hergestellt und repariert werden.
- Es werden lokale Wertschöpfungsketten geschaffen (z. B. Teigwarenhersteller, Restaurant).
Quartierbeispiele
- Le Vallon, Lausanne
Ein kollaboratives Quartier bietet Raum für kollektive Ansätze, für Mutualisierung, Teilen und Co-Kreation. So trägt es dazu bei, Synergien zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern, Unternehmen und anderen Einheiten zu schaffen sowie kurze Lieferketten und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Beispiele für zentrale Punkte
- Ein Quartierhaus ist für jeden zugänglich.
- Bewohnerinnen und Bewohner sowie Nutzerinnen und Nutzer beteiligen sich an der Gestaltung und Umsetzung von Projekten für das Quartier.
- Ein Ort zum Teilen und Tauschen von Gegenständen wird in das Quartier integriert.
- Eine Charta fördert ein ökologisches Engagement.
- Qualitativ hochwertige Gemeinschaftsräume (Innen- und Aussenräume) stehen den Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung.
Quartierbeispiele
- blueFACTORY, Freiburg
- Le Vallon, Lausanne
- Alt-Quartier, Freiburg
- Les Fiches Nord, Lausanne
- Hunziker Quartier, Zürich
Ein resilientes Quartier begegnet Veränderungen mit Gelassenheit. Es ist in der Lage, sich auf Entwicklungen sozialer (Wohnungsformen, Fortbewegungsweisen, Kommunikationsarten usw.), wirtschaftlicher (Konsumverhalten usw.) und ökologischer (Temperaturen, Niederschlag, Artenvielfalt usw.) Art einzustellen.
Beispiele für zentrale Punkte
- Die Aussenbereiche werden so weit wie möglich begrünt und im Freiland gehalten.
- Umfragen und partizipative Ansätze ermöglichen es, die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner und deren Entwicklung zu erkennen.
- Die Typologien der Wohnungen sind so konzipiert, dass sie an die Entwicklung der Haushalte angepasst werden können.
- Lokale Tauschsysteme (LETS, lokale Währung, andere) fördern die lokale Wirtschaft.
- Ein Governance-Modell ermöglicht es den Bewohnerinnen und Bewohnern, die Orte zu verwalten.
Quartierbeispiele
- Chamblioux-Bertigny Sektor, Freiburg
Toolbox
Um bestehende und neue Quartiere nachhaltiger zu gestalten, stehen zahlreiche allgemeine und spezifische Instrumente zur Verfügung. Mehr Informationen dazu finden Sie auf dieser Seite.
Das Projekt Chamblioux–Bertigny als konkretes Beispiel
Das vom Kanton Freiburg gesteuerte Projekt Chamblioux–Bertigny illustriert, wie ein nachhaltiges Quartier in der Praxis gestaltet werden kann. Es zeigt exemplarisch, wie Nachhaltigkeitsforderungen in Studienaufträge integriert werden können.
Der Verein Antenne Nachhaltige Quartiere
Im Rahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2021–2031 des Staats Freiburg wurde ein Pilotprojekt lanciert, das zur Einrichtung einer Ressourcenplattform führte, um Akteurinnen und Akteure zusammenzubringen, die sich für die nachhaltige Ausgestaltung von bestehenden und neuen Quartieren einsetzen.
Im Anschluss an diese Pilotphase wurde im Januar 2025 der Verein «Antenne Nachhaltige Quartiere» gegründet.
Die Antenne richtet sich an Gemeinden, Vereine des Quartiers und alle Einrichtungen, die eine Rolle in der Stadtentwicklung spielen. Sie organisiert Veranstaltungen, stellt einfach zu nutzende Instrumente zur Verfügung, entwickelt ein Netzwerk von Akteurinnen und Akteuren und bietet Beratung an.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Vereins .