Wie sieht das kulturelle Angebot des Kantons aus und wer sind seine Träger?Was sind ihre Ziele und Herausforderungen?Woher kommt ihr Publikum?Welche sind dessen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen im Kanton Freiburg?
Der erste Teil der Studie befasst sich mit dem kulturellen Angebot im Kanton Freiburg. Er wurde in Form einer Umfrage durchgeführt, die sich hauptsächlich an Institutionen, Festivals, Vereine und kulturelle Ensembles richtete und an der sich mehr als 180 Organisationen beteiligten.
Zusammenfassung
- Diese Studie befasst sich mit dem kulturellen Angebot im Kanton Freiburg, d. h. mit den Institutionen (Museen, Theater, Bibliotheken usw.), den Festivals, den künstlerischen Ensembles (Musikbands, Theatergruppen usw.) und mit den Kulturschaffenden (Musikerinnen und Musiker, Schauspielerinnen und Schauspieler, Malerinnen und Maler usw.). Die zahlreichen gesammelten Daten ermöglichen es, die wichtigsten Merkmale des Freiburger Kultursystems zu beschreiben und insbesondere die prägenden kulturellen Entwicklungen zu analysieren, die im Kantonsgebiet auf einzigartige Weise zum Ausdruck gebracht werden.
- Nach einer Einführung in die theoretischen Grundlagen der Analyse und einer Vorstellung der Methodik wird im ersten Kapitel auf das Profil der an der Studie teilnehmenden Personen eingegangen. Diese basiert auf einem Fragebogen, der von 235 Personen ausgefüllt wurde: 100 Personen antworteten im Namen eines Ensembles, 81 als Vertreterinnen und Vertreter einer Institution, einer Kulturstätte oder eines Festivals und 40 in ihrem eigenen Namen als Kulturschaffende (14 Personen konnten sich keiner dieser Kategorien zuordnen).
- Die Analyse der Gründungsjahre der Ensembles und Institutionen zeigt, dass die Entstehung des Freiburger Kultursystems in drei Etappen erfolgt ist: Eine erste Etappe, in der einige Institutionen, die bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden, mit einer Vielzahl von Musikensembles nebeneinander bestehen, die mit dem lokalen Kulturleben verbunden sind. Eine zweite Etappe in den 1980er Jahren, die mit der Gründung zahlreicher Institutionen einherging, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung der öffentlichen Kulturförderung oder auf der Grundlage von Bürgerinitiativen, die kulturelle Räume verlangten. Schliesslich folgte eine dritte Etappe, die seit den 2000er Jahren durch eine zunehmende Professionalisierung und Festivalisierung der Kultur gekennzeichnet ist.
- In einem zweiten Kapitel werden mehrere strukturelle und territoriale Merkmale des Freiburger Kulturangebots analysiert. Zunächst einmal bezeugen viele der Befragten die Dynamik des kantonalen Kultursystems. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen: 60 % der Befragten planen, ihr derzeitiges Aktivitätsniveau in den nächsten fünf Jahren beizubehalten, und 37 % wollen es sogar erhöhen. Diese Dynamik zeigt sich auch in den Besucherzahlen: Im Jahr 2023 haben die 81 Institutionen, die an der Umfrage teilgenommen haben, fast 1,3 Millionen Personen (Zuschauerinnen und Zuschauer, Besucherinnen und Besucher) empfangen. Diese Frequentierung ist nach wie vor von einer starken Ungleichheit geprägt: 20 Prozent der Institutionen ziehen allein 80 Prozent des Publikums an.
- Aus der Studie geht hervor, dass das Freiburger Kultursystem sich durch den hohen Stellenwert des Kulturerbes – also der Kunstwerke und Denkmäler, aber auch der Bräuche, Praktiken und lebendigen Traditionen – auszeichnet. 40 % der Befragten) geben an, dass sie einen Bezug zu diesem Erbe haben. Dieser Bezug ist jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt: Er zeigt sich auf der Seite der Ensembles deutlich stärker als auf der Seite der Institutionen, aber auch in Strukturen, die vor den 1960er Jahren gegründet wurden und in ländlichen Regionen angesiedelt sind. Das Freiburger Kultursystem ist somit teilweise um zwei Pole angeordnet: Um einen traditionellen Pol, der vor allem von Chören und Blaskapellen verkörpert wird, und um einen zweiten, neueren Pol, der mit verschiedenen Kunstsparten wie Theater, bildende Kunst, zeitgenössische Musik oder klassische Musik, aber auch Museen und Bibliotheken in Verbindung gebracht wird.
- Das Freiburger Kulturangebot ist stark auf die städtischen Gebiete konzentriert: 53 Prozent der Einrichtungen befinden sich in städtischen Gemeinden, in denen jedoch nur 33 Prozent der Kantonsbevölkerung leben. Diese Konzentration wird durch die Daten der Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) bestätigt, wonach 64 Prozent der Vollzeitäquivalente in Kulturunternehmen in städtischen Gebieten angesiedelt sind – im Vergleich zu 51 Prozent in allen anderen Wirtschaftszweigen.
- Diese ungleiche geografische Verteilung des Kulturangebots verläuft entlang weiterer, insbesondere sprachlicher Trennlinien. Die Personen, die den Fragebogen auf Deutsch ausgefüllt haben, nannten das Thema der Zweisprachigkeit oder der Sprachgrenze zehnmal häufiger als diejenigen, die auf Französisch antworteten. Diese ausgeprägte Asymmetrie erinnert daran, dass sich die Mehrheit nicht immer ihrer dominanten Position bewusst ist, während die Minderheiten, die regelmässig auf ihren (Minderheitsstatus) verwiesen werden, eher geneigt sind, ihre sprachliche oder kulturelle Identität zu behaupten und zu verteidigen.
- Im dritten Kapitel geht es dann um die Motivationen derjenigen, die das kulturelle Angebot am Leben erhalten. Diese noch wenig erforschte Betrachtungsweise zeigt, dass diese Personen vor allem Freude an der Tätigkeit selbst und auch künstlerische oder soziale Ambitionen haben. Gesellschaftliche, historische oder denkmalpflegerische Motive erscheinen weniger zentral, während – wie es der wissenschaftlichen Literatur entspricht – wirtschaftliche Erwägungen an letzter Stelle stehen.
- Auch wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selten durch wirtschaftliche Aspekte motiviert sind, zeigt das vierte Kapitel, dass ihre Aktivitäten dennoch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben. So meldeten die Ensembles und Institutionen 679 Personen mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag (UAV), von denen über 80 % im Kanton wohnhaft waren, und 528 Personen mit einem befristeten Arbeitsvertrag (BAV), davon 70 % mit Wohnsitz im Kanton Freiburg. Die Grösse der Strukturen ist jedoch sehr unterschiedlich: 20 % von ihnen – hauptsächlich Institutionen und ein einziges Ensemble – vereinen allein 80 % der erfassten Arbeitsplätze.
- Die Institutionen und Ensembles, die am Fragebogen teilgenommen haben, geben insgesamt 389 Vollzeitäquivalente (VZÄ) an, mit einer kumulierten Lohnsumme von 43,2 Millionen Franken, wovon 32,6 Millionen Franken an Personen, die im Kanton Fribourg wohnhaft sind, bezahlt werden ‒ was einer geschätzten Steuerrendite von 4,3 Millionen Franken für die öffentlichen Körperschaften entspricht.
- Die Studie bewertet die indirekten und induzierten wirtschaftlichen Auswirkungen, die mit den Löhnen zusammenhängen, aber auch mit den 29,4 Millionen direkten Ausgaben, die von Ensembles und Institutionen im Kanton getätigt werden, und mit den Ausgaben des Publikums der Institutionen. Insgesamt würden sich die wirtschaftlichen Auswirkungen allein der Strukturen, die an der Umfrage teilgenommen haben, auf 88 Millionen Franken belaufen, was einer Lohnsumme von fast 70 Millionen, rund 739 Vollzeitstellen (VZÄ) und einer Wertschöpfung von mehr als 100 Millionen Franken für den Kanton Freiburg entsprechen würde.
- Die Analyse der Erträge zeigt eine starke Konzentration der Ressourcen: 12 % der Befragten vereinen 80 % der 61,9 Millionen gemeldeten Erträge. Die öffentlichen Subventionen und die Unterstützung der Loterie Romande machen 53 % dieser Summe aus, aber dieser Anteil variiert stark zwischen den öffentlichen Institutionen – wo er 80 % erreicht – und den Vereinsensembles, bei denen die eigenen Einnahmen (Kartenverkauf, Spenden, Verkäufe usw.) die Hauptfinanzierungsquelle darstellen. Die Analyse der Erträge in Verbindung mit der Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen erlaubt schliesslich die Schätzung, dass jeder investierte Subventionsfranken rund 2.30 Franken an Ausgaben und 2.70 Franken an Wertschöpfung in der kantonalen Wirtschaft generiert.
- Finanziell gesehen möchten 43 % der Institutionen ihr Budget erhöhen, und zwar aus verschiedenen Gründen: Verbesserung des Angebots, Stärkung der Kulturvermittlung, Aufwertung der Arbeitsbedingungen, Erhöhung der künstlerischen Vergütung (Künstlerhonorare) oder Reaktion auf die gestiegenen Kosten. Auch wenn diese Anliegen die laufende Professionalisierung des Sektors und die konkreten Formen, die sie annimmt, gut veranschaulichen, spielt die Freiwilligenarbeit dennoch weiterhin eine zentrale Rolle im Kultursystem, insbesondere im Bereich des Kulturerbes. Insgesamt gaben die Befragten 5643 gelegentliche Freiwillige (bei Veranstaltungen) und 1846 regelmässige Freiwillige (in Vorständen oder bei der jährlichen Verwaltung) an, von denen fast 95 % im Kanton wohnhaft sind.
- In den letzten beiden Kapiteln der Studie werden die hauptsächlichen Schwierigkeiten aufgezeigt, mit denen die Institutionen, Ensembles und Kulturschaffenden des Kantons konfrontiert sind. Der Mangel an finanziellen Ressourcen ist für 75 % der Befragten das grösste Problem. Es werden aber auch andere Schwierigkeiten genannt, wie die Erneuerung der Teams – besonders problematisch bei den traditionellen Ensembles – und verschiedene Bedenken in Bezug auf das Publikum: Rückläufige Besucherzahlen, Konkurrenz zwischen den kulturellen Angeboten oder veränderte Verhaltensweisen. Das letzte Kapitel geht auf mehrere dieser Herausforderungen ein und behandelt auch die Frage der Anerkennung des Kulturerbes, der Unterstützung von Amateur- und Berufspraktiken und die Entwicklung der Kulturpolitik.