Wie sieht es mit dem Kultur- und Freizeitverhalten der Freiburgerinnen und Freiburger aus? Welche Faktoren begünstigen oder hemmen es? Ist die Bevölkerung mit dem kulturellen Angebot zufrieden?
Eine Umfrage wurde an eine repräsentative Stichprobe von 4000 Freiburgerinnen und Freiburgern geschickt, die nach dem Zufallsprinzip aus der Bevölkerung ab 15 Jahren ausgewählt wurden. Die fast 1400 eingegangenen Antworten ermöglichten es dem Forschungsbeauftragten Mathias Rota, ein neues Bild des Kulturverhaltens der Kantonsbewohnerinnen und -bewohner zu zeichnen.
Zusammenfassung
- Diese Studie setzt die Analyse des Freiburger Kultursystems fort, die mit der Veröffentlichung eines Berichts über das kulturelle Angebot des Kantons im Juni 2025 begonnen wurde. Der zweite Teil befasst sich mit den Kulturbesuchen und künstlerischen Tätigkeiten der Freiburgerinnen und Freiburger. Er basiert auf einem Fragebogen, der im Juni 2024 per Post an 4000 zufällig ausgewählte Freiburgerinnen und Freiburger ab 15 Jahren versandt wurde. Nach der Auswertung wurden 1398 brauchbare Antworten eingeholt, was einer Beteiligungsquote von 35 % entspricht.
- In den 12 Monaten vor der Umfrage gaben die Befragten folgende Kulturbesuche an: 60 % der Freiburgerinnen und Freiburger gingen mindestens einmal ins Kino; 56 % in ein oder mehrere Konzerte; 56 % in ein Museum oder eine Kunstgalerie; 47 % besuchten ein Denkmal oder eine historische Stätte, 44 % sahen sich mindestens ein Theaterstück an, 35 % ein Strassenspektakel, 29 % eine Comedy-Show, 27 % gingen in ihrer Freizeit in eine Bibliothek und 19% für ihre Ausbildung, 24 % besuchten ein Folklorespektakel, 22 % eine Zirkusvorstellung, 18 % sahen sich eine Tanz- oder Ballettaufführung an und 16 % haben eine Oper besucht. Insgesamt haben 90 % der Freiburger mindestens einen dieser dreizehn Kulturbesuche unternommen.
- Die Intensität der kulturellen Teilhabe variiert je nach verschiedenen soziodemografischen Merkmalen der Befragten, insbesondere ihrem Ausbildungsniveau. So gingen beispielsweise 71 % der Freiburgerinnen und Freiburger mit einem Tertiärabschluss in den zwölf Monaten vor der Umfrage ins Kino, während dieser Anteil bei den Absolventinnen und Absolventen der Sekundarstufe 2 bei 64 % und bei den Personen, deren Ausbildung mit der obligatorischen Schule endete, bei 45 % lag. Mit Ausnahme von folkloristischen Veranstaltungen lässt sich der Einfluss des Bildungsstands bei allen Arten von Kulturbesuchen beobachten.
- Frauen unternehmen mehr Kulturbesuche als Männer, insbesondere ins Kino, zu Konzerten, in Museen, ins Theater, in die Bibliothek, zu Tanz- und Ballettaufführungen, sowie in die Oper. Diese Unterschiede lassen sich nicht nur durch eine frühe künstlerische Sozialisierung erklären (Christin 2012), aber auch durch die Überrepräsentation von Frauen in tertiären Bildungsgängen, in Bereichen, die eine Nähe zur Kunst und Kultur haben, wie Sprachen und Literatur, Geschichts- und Kulturwissenschaften oder auch Geistes- und Sozialwissenschaften.
- Bei gleichem Ausbildungsniveau besuchen die Einwohnerinnen und Einwohner städtischer Gemeinden häufiger Museen, Strassenkunst-, Tanz- und Ballettaufführungen sowie die Oper. Dieser Effekt der örtlichen Nähe erklärt zum Teil, warum die Bewohnerinnen und Bewohner der die Bewohnerinnen und Bewohner französischsprachigen – und am stärksten urbanisierten – Bezirke häufiger ins Kino, in Museen und zu Denkmälern gehen, aber auch zu Strassenkunst-, Tanz- und Ballettaufführungen oder Comedy-Veranstaltungen. Im Gegensatz dazu ist die Besucherzahl der Oper in den mehrheitlich deutschsprachigen Bezirken höher.
- Die Studie zeigt, dass Personen zwischen 15 und 29 Jahren häufiger ins Kino gehen, während Befragte zwischen 60 und 74 Jahren mehr ins Theater gehen. Die Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen, in der die meisten Eltern zu finden sind, zeichnet sich hingegen durch regelmässigere Museumsbesuche sowie durch einen häufigeren Besuch von Strassenkunst- und Zirkusvorstellungen sowie von Bibliotheken und Mediatheken aus.
- Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit gehen häufiger ins Kino, zu Konzerten, in Museen, ins Theater, zu Comedy- und Opernaufführungen als Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die hingegen proportional häufiger Strassenspektakel besuchen. Hinter der verallgemeinernden Kategorie «Ausländer/in» verbergen sich in Wirklichkeit sehr unterschiedliche Intensitäten von Kulturbesuchen: Die Französinnen und Franzosen, Deutschen, Italienerinnen und Italiener sowie Spanierinnen und Spanier weisen eine ähnliche kulturelle Beteiligung auf wie die Schweizerinnen und Schweizer, während Portugiesinnen und Portugiesen sowie Türkinnen und Türken zurückhaltender sind. Bei einer statistischen Überprüfung zeigt sich jedoch, dass die Unterschiede zwischen den Nationalitäten verschwinden, wenn das Ausbildungsniveau berücksichtigt wird.
- Eine multiple Korrespondenzanalyse zeigt, dass die Kulturbesuche der Freiburgerinnen und Freiburger sich nach zwei Hauptprinzipien aufteilen: Erstens nimmt ein Teil der Bevölkerung an kulturellen Veranstaltungen teil, während der andere Teil dies nicht oder nur sehr selten tut. Zweitens entscheiden sich einige der Menschen, die Kulturbesuche unternehmen, für eher als legitim geltende Angebote (Oper, Theater, Konzerte, Museen, Kino), während andere eher Angebote im Bereich der «Populärkultur» (folkloristische Vorstellungen, Zirkus und Strassenkunst) bevorzugen.
- Eine Klassifizierung (k-means) gruppiert dann Personen mit ähnlichen kulturellen Ausgaben in Bezug auf Intensität und Art. Sechs Cluster zeigen, wie eng Lebensstil und Kulturbesuche miteinander verknüpft sind: Die «Hyperaktiven» (9 % der Bevölkerung), die «Klassiker» (11 %), die «informierten Amateure (Kenner)» (17 %), die «Verhinderten» (12 %), die «breite Öffentlichkeit» (19 %), die «Uninteressierten» (32 %).
- Die Studie wird durch zusätzliche Analysen zu bestimmten Bereichen (Museen, Theater, Konzerte und Kino) ergänzt. Das Beispiel der Überrepräsentation von Personen mit Kindern in Naturkundemuseen zeigt, dass zeitliche Einschränkungen aufgrund der Elternschaft weniger die Häufigkeit als vielmehr die Art der kulturellen Aktivitäten beeinflussen. Im Anschluss daran wird, in Anlehnung an die erste Studie zum kulturellen Angebot, deutlich, dass die städtische Bevölkerung häufiger Theaterstücke von professionellen Ensembles besucht, während die Bewohner ländlicher Gemeinden eher das Amateurtheater bevorzugen.
- Im Vergleich zu 2019 sind die Kulturbesuche für 58 % der Befragten stabil geblieben, für die anderen sind sie häufiger zurückgegangen (27 %) als gestiegen (16 %). Diejenigen, die einen Rückgang angeben, begründen dies hauptsächlich mit gesundheitlichen oder familiären Gründen oder mit finanziellen Aspekten. Die Studie identifiziert generell drei grosse Kategorien von Hindernissen für den Kulturbesuch: Strukturelle Hindernisse – Zeitmangel, fehlende finanzielle Mittel oder Entfernung zum Angebot – wurden am häufigsten genannt, gefolgt von symbolischen Barrieren – das Gefühl, an bestimmten Orten nicht dazuzugehören, oder Desinteresse an Kultur – und persönlichen Hindernissen – Alter, Sprache oder Gesundheit –, die zwar seltener genannt wurden, aber dennoch etwa 20 % der Bevölkerung betreffen.
- Die Freiburgerinnen und Freiburger sind mit dem Kulturangebot ihres Kantons zufrieden. Fast die Hälfte der Befragten antwortet auf die Aussage «Ich bin mit dem Kulturangebot im Kanton Freiburg sehr zufrieden» mit «trifft zu» (31 %) oder «trifft voll und ganz zu» (17 %) gegenüber nur 13 % negativen Meinungen (8 % «trifft nicht zu» und 5 % «trifft überhaupt nicht zu») sowie 39 % mit «neutral».
- Fast 80 % der Freiburgerinnen und Freiburger geben an, mindestens eine der 13 in der Umfrage vorgeschlagenen künstlerischen Aktivitäten auszuüben. Im Vergleich zu den nationalen Ergebnissen zeichnen sich die Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons besonders durch die Ausübung von Tanz, Gesang und Theater aus. Die künstlerische Aktivität der Freiburgerinnen und Freiburger nimmt mit der Häufigkeit des Kulturbesuchs, aber auch mit dem Ausbildungsniveau stark zu. Sie ist zwischen 25 und 54 Jahren am weitesten verbreitet und nimmt nach 65 Jahren ab. Frauen betätigen sich häufiger beim Tanzen, Singen, Zeichnen und bei den bildenden Künsten, Töpferei, Fotografie und Schreiben, während Männer häufiger Videos oder Filme drehen und in geringerem Masse Musikinstrumente spielen.