Die Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft (ILFD) hat Anfang Mai das vom Alevitischen Kulturzentrum in Freiburg eingereichte Gesuch um Gewährung von Vorrechten für gültig erklärt, nachdem sie festgestellt hatte, dass die Gemeinschaft die Voraussetzungen nach dem Gesetz über die Beziehungen zwischen den Konfessionsgemeinschaften und dem Staat (BKGSG) erfüllt.
Obwohl die Möglichkeit für Konfessionsgemeinschaften, öffentlich-rechtliche Vorrechte zu erlangen, in der Freiburger Gesetzgebung seit Jahrzehnten besteht, ist es das erste Mal, dass eine Gemeinschaft, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, ein solches Gesuch einreicht. Nachdem BKGSG muss eine konfessionelle Gemeinschaft die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- [Die konfessionelle Gemeinschaft] ist als Verein im Sinne der Artikel 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs organisiert und verfügt über einen Sitz im Kanton.
- Sie beruft sich auf eine in der Schweiz überlieferte religiöse Bewegung oder auf eine solche von weltweiter Bedeutung.
- Sie respektiert die grundlegenden verfassungsmässigen Prinzipien und die Rechtsordnung der Schweiz.
- Sie respektiert den konfessionellen Frieden und verzichtet auf jegliche Bekehrungsversuche, die gegen die schweizerische Rechtsordnung verstossen.
- Sie beteiligt sich am interreligiösen, intrareligiösen oder ökumenischen Dialog und fördert ihn bei ihren Mitgliedern.
- Sie anerkennt den Vorrang des Zivilrechts und bestreitet die an Universitäten, Hochschulen und anderen öffentlichen Bildungseinrichtungen gelehrten wissenschaftlichen Kenntnisse nicht.
- Sie führt eine ordnungsgemässe Buchhaltung gemäss den üblichen Regeln der kaufmännischen Buchführung.
- Sie ist seit dreissig Jahren im Kanton präsent oder verfügt im Kanton über mindestens tausend Mitglieder.
Die alevitische Gemeinschaft möchte die folgenden, im BKGSG vorgesehenen Vorrechten erhalten: Sie möchte von den Freiburger Gemeinden über den Zu- oder Wegzug ihrer Mitglieder informiert werden, die Schullokale für den Religionsunterricht benützen sowie in Spitälern, Schulen und Gefängnissen Seelsorge ausüben können.
Nach der Validierung des Gesuchs beginnt eine fünfjährige Probezeit, in der die konkrete Ausübung der beantragten Vorrechte mit den betreffenden öffentlichen Einheiten, gegebenenfalls einschliesslich der betroffenen Gemeinde(n), geprüft wird. Anschliessend entscheidet der Staatsrat über die Gewährung der Vorrechte oder über deren Verweigerung.
Das Alevitentum bildet die zweitgrösste Glaubensgemeinschaft in der Türkei. Weltweit zählt sie etwa 30 Millionen Gläubige, davon nach Angaben der Gemeinschaft etwa 3000 im Kanton Freiburg. Das Alevitische Kulturzentrum in Freiburg wurde 1993 gegründet. Die alevitische Gemeinschaft hat im Kanton Basel-Stadt seit 2012 einen öffentlich-rechtlichen Status.