In seiner Sitzung vom 10. Juni 2025 hat der Staatsrat die Genehmigung erteilt, dass der Vorentwurf des Gesetzes über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit (VE-ASFZG) in die Vernehmlassung gegeben wird. Mit diesem Vorentwurf sollen die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu den Bestimmungen der Kantonsverfassung über die Sprachen geschaffen werden, um sowohl das Territorialitätsprinzip als auch den Grundsatz der Sprachenfreiheit umzusetzen.
Der zentrale Aspekt des Vorentwurfs besteht daher darin, die Bedingungen festzulegen, unter denen eine Gemeinde Französisch und Deutsch als Amtssprachen wählen kann. Die Kantonsverfassung sieht nämlich vor, dass in «Gemeinden mit einer bedeutenden angestammten sprachlichen Minderheit [...] Französisch und Deutsch Amtssprachen sein [können].» (Art. 6 Abs. 3 KV). Der VE-ASFZG präzisiert somit die Kriterien, gemäss denen eine Sprachgemeinschaft als angestammt und bedeutend gilt. Der VE-ASFZG schlägt vor, das zahlenmässige Kriterium, ab dem von einer bedeutenden Minderheit ausgegangen wird, auf 10 % festzulegen, vorausgesetzt, dass die Minderheit während mindestens einer Generation (25 Jahre) ununterbrochen in dem betreffenden Gebiet präsent war. Eine historische Präsenz von mindestens zwei Generationen (50 Jahre) könnte jedoch auch allein geltend gemacht werden.
Das zentrale Element des VE-ASFZG und ein Novum im Vergleich zu allen früheren Unterfangen, die im Kanton Freiburg in dieser Hinsicht unternommen wurden, bildet die Bedeutung der Gemeindeautonomie: Gemäss Verfassung kann eine Gemeinde mit einer bedeutenden angestammten sprachlichen Minderheit zwei Amtssprachen haben, ist aber nicht dazu verpflichtet. Diese für die Identität und den Zusammenhalt der Bevölkerung äusserst wichtige Entscheidung wird mit einer Abstimmung an der Urne getroffen.
Der VE-ASFZG präzisiert zudem, welche Auswirkungen die Annahme von zwei Amtssprachen auf eine Gemeinde hat: Einwohnerinnen und Einwohner können sich in der Amtssprache ihrer Wahl an die Organe der Gemeinde wenden und erhalten eine Antwort in dieser Sprache. Alle öffentlichen Dokumente, die für die gesamte Bevölkerung bestimmt sind (Reglemente, Informationsbulletins...), müssen ebenfalls in beiden Sprachen verfügbar sein. Diese «institutionelle Zweisprachigkeit» setzt jedoch keine «individuelle Zweisprachigkeit» voraus. Sowohl die Amtsträgerinnen und Amtsträger als auch die Mitglieder des Gemeindepersonals können sich in der Sprache ihrer Wahl ausdrücken, wobei die Gemeinde die notwendigen organisatorischen Massnahmen ergreifen muss, damit die Leistungen in beiden Sprachen erbracht werden.
Um die Gemeinden zu unterstützen, die sich für zwei Amtssprachen entscheiden und damit zur Stärkung der historischen Zweisprachigkeit des Kantons Freiburg beitragen, soll ihnen eine einmalige Finanzhilfe in der Höhe von 100 Franken pro Einwohnerin und Einwohner gewährt werden.
Der VE-ASFZG sieht auch die Einrichtung der Stelle einer oder eines kantonalen Delegierten für die Zweisprachigkeit vor, deren oder dessen Aufgabe es sein wird, die Gemeinden zu beraten und die verschiedenen öffentlichen und privaten Initiativen zur Förderung der Zweisprachigkeit zu koordinieren. Diese Person wird zudem die vom Bund gewährten Finanzhilfen für mehrsprachige Kantone (300 000 Franken pro Jahr) sowie die bereits bestehende kantonale Unterstützung für die Zweisprachigkeit (100 000 Franken pro Jahr) verwalten.
Seit den 1980er-Jahren hat der Kanton Freiburg mehrere Versuche unternommen, sich eine Gesetzgebung über die Amtssprachen zu geben. All diese Versuche wurden jeweils unterschiedlich weit fortgeschritten aufgegeben. Es ist das erste Mal, dass ein Gesetzesentwurf über die Amtssprachen in eine öffentliche Vernehmlassung gegeben wird. Der Staatsrat ist überzeugt, dass das gute Einvernehmen zwischen den Gemeinschaften, die den Kanton Freiburg ausmachen, eine sachliche Debatte ermöglicht und den Zusammenhalt eines Kantons weiter stärkt, dessen Unterschiede (in Sprache, Religion...) bisher eher eine gemeinsame Stärke als einen trennenden Faktor darstellten. Die Regierung stellt auch einen gesellschaftlichen Wandel fest, der die Sprachenfrage in ein neues Licht rückt. Der Vormarsch des Englischen in der Schweiz und anderswo veranlasst die Sprecherinnen und Sprecher der traditionellen Sprachen unseres Kantons, sich zusammenzuschliessen, um die Stellung dieser Sprachen zu verteidigen. Die Ausbreitung einer solchen universellen Sprache droht sowohl die Sprache der Kommunikation als auch die ihr zugrunde liegende Kultur zu vereinheitlichen. Durch seinen Einsatz für und die Förderung der Zweisprachigkeit will der Staatsrat unser kulturelles und historisches Erbe erhalten. Im Gegensatz zur Wahrnehmung der Sprachenfrage als ein Schauplatz von Konkurrenz und Feindseligkeiten vertritt der Staatsrat eine Vision des Miteinanders, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen beruht sowie auf der klaren Bekräftigung der Rechte und Pflichten jeder und jedes Einzelnen.
Der Staatsrat hatte in den letzten Jahren mehrmals Gelegenheit, die Bedeutung der Zweisprachigkeit für den Kanton Freiburg, der seit jeher von seiner Lage am Schnittpunkt zweier Kulturen geprägt ist, in Erinnerung zu rufen. Der Kanton Freiburg hat es immer verstanden, die Zweisprachigkeit als Stärke und Chance zu nutzen. Diese Besonderheit und seine geografische Lage verschaffen dem Kanton Freiburg die Möglichkeit, aber auch die Verantwortung, eine wichtige Rolle bei der Verständigung, dem guten Einvernehmen und dem Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften in unserem Land einzunehmen.
Allfällige Bemerkungen zu diesem Thema können bis am 31. Oktober 2025 mit dem elektronischen Fragebogen eingereicht oder mit dem online verfügbaren Formular per E-Mail an samuel.russier@fr.ch geschickt werden.
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit PDF, 124.13k
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit - Erläuternder Bericht PDF, 806.21k
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit - Zwischenbericht - Januar 2025 PDF, 1.11MB
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit - Boussole 21 PDF, 367.69k
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit - Brief PDF, 104.01k
- Gesetz über die Amtssprachen und die Förderung der Zweisprachigkeit - Liste DOCX, 107.06k