Die Apotheke spielt eine zentrale Rolle dabei, Betroffene von Gewalt in der Paarbeziehung zu erkennen und sie an geeignete Unterstützungs- und Beratungsstellen weiterzuleiten. Nach einem ersten eLearning, das 2022 vom Kanton Waadt entwickelt und von zahlreichen weiteren Kantonen übernommen wurde, steht nun ein Vertiefungsangebot zur Verfügung. Es richtet sich an Mitarbeitende von Apotheken und fokussiert auf Gewalt in der Paarbeziehung im höheren Lebensalter.
Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen lanciert die Konferenz der Westschweizer Gleichstellungsbüros (egalite.ch) nun ein eLearning, das sich der Erkennung und Unterstützung älterer Betroffener häuslicher Gewalt widmet. Gewalt in Paarbeziehungen kennt keine Altersgrenze: Personen ab 64 Jahren machen heute fast 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung aus und sind ebenfalls von häuslicher Gewalt betroffen.
Apothekerinnen und Apotheker sowie Pharma-Assistentinnen und -Assistenten nehmen hier eine zentrale Rolle ein. Durch ihren regelmässigen Kontakt mit älteren Menschen können sie Anzeichen von Gewalt wahrnehmen, eine erste vertrauliche Ansprache vornehmen und an spezialisierte Fachstellen weiterverweisen. Ältere Betroffene kontaktieren solche Stellen selten direkt, sondern wenden sich häufiger an eine Vertrauensperson aus ihrem Alltag. Die Apotheke stellt somit eine wichtige Anlaufstelle im unmittelbaren Lebensumfeld der Betroffenen dar.
Präventions- und Unterstützungsangebote müssen die besonderen Lebenslagen älterer Menschen berücksichtigen. Die nationale Studie der Haute école de la Santé La Source (HES-SO) und des senior-lab zeigt, dass Gewalt bei Seniorinnen und Senioren häufig bereits seit Beginn der Partnerschaft besteht und über Jahrzehnte andauern kann. Die Pensionierung ist ein kritischer Zeitpunkt, der bestehende oder verborgene Gewaltdynamiken verstärken kann. Hinzu kommen Faktoren wie soziale Isolation, mangelnde Kenntnis über Hilfsangebote, Scham oder Angst vor Konsequenzen, die den Zugang zur Unterstützung zusätzlich erschweren. Viele ältere Betroffene zögern deshalb, eine Opferhilfestelle aufzusuchen oder die Polizei zu kontaktieren. Umso wichtiger sind Anlaufstellen im unmittelbaren Lebensumfeld.
Das heute lancierte eLearning sensibilisiert das Apothekenpersonal, vermittelt praxisnahe Instrumente und zeigt geeignete Schritte auf, wenn der Verdacht auf häusliche Gewalt besteht. Es kann als Vertiefung zum bestehenden eLearning genutzt werden, eignet sich aber ebenso für den Einstieg, da grundlegende theoretische Inhalte abgedeckt werden.
Die Entwicklung dieser digitalen Ausbildung für Apotheken erfolgte durch das Unternehmen Take off Concept (technische Expertise), in Zusammenarbeit mit den KantonsapothekerInnen der Partnerkantone und der Haute école de la Santé La Source (HES-SO). Es basiert auf Erkenntnissen aus dem Forschungsprojekt «Prävention von Gewalt bei älteren Paaren», das von der Haute école de la Santé La Source (HES-SO), dem nationalen Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt und dem senior-lab durchgeführt wurde. Das eLearning wurde vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) finanziell unterstützt.
Das eLearning steht ab heute in französischer Sprache für die Westschweizer Kantone zur Verfügung. Eine deutsche Version wird ab Februar 2026 in den zweisprachigen Kantonen sowie in Basel-Stadt, Solothurn und Schaffhausen lanciert. Die Modalitäten der Verbreitung und Anmeldung werden durch die einzelnen Kantone festgelegt.
Weitere Informationen: www.egalite.ch