Nach der Ausschreibung der 15. Freiburger Fotografie-Enquête erhielt das Amt für Kultur 52 Projekte aus der Schweiz, Frankreich, Belgien, Deutschland und Australien. Die Jury hat die eingegangenen Dossiers geprüft. Sie bestand aus folgenden Mitgliedern: Ann-Christin Bertrand, Kuratorin und Leiterin des Programms Camera Arts an der HSLU, Estelle Blaschke, Fotohistorikerin und Professorin an der Universität Basel, Matthieu Gafsou, Fotograf und Professor an der ECAL, Nathalie Herschdorfer, Direktorin von Photo Elysée (Lausanne), und Philippe Trinchan, Vorsteher des Amts für Kultur des Staates Freiburg (Präsident).
Die Jury hat sich nach mehreren Beratungsrunden für das Projekt «Renversement» (provisorischer Titel) von Thaddé Comar entschieden. Der französisch-schweizerische Fotograf wurde 1993 geboren und lebt derzeit in der Nähe von Paris. 2018 erlangte er einen Bachelor in Fotografie an der ECAL in Lausanne und kennt daher die Westschweiz gut. Mit seinen zugleich ästhetischen und dokumentarischen Arbeiten lotet er soziale und politische Prozesse der Gegenwart aus. Im Projekt «Aujourd’hui» etwa beschäftigte er sich mit der Beziehung zwischen den Medien und der französischen Politik, in «How was your dream?» mit den Protesten von 2019 in Hongkong und in «2017 n’aura pas lieu» mit globalisierungskritischem Aktivismus in Frankreich. Thaddé Comars Fotografien wurden regelmässig ausgestellt, so an der Fotomesse Paris Photo, am Fotografiefestival Rencontres d’Arles, im Centre Photographique in Genf oder an der Art Basel. Er war für verschiedene Preise nominiert, wurde unter anderem 2023 mit einem Swiss Design Award in Fotografie ausgezeichnet und hat mehrere Stipendien von Pro Helvetia erhalten.
Für die 15. Ausgabe der Fotografischen Ermittlung: Thema Freiburg wird sich Thaddé Comar mit der Fasnachtspraxis im Kanton Freiburg und den damit zusammenhängenden Vorstellungswelten auseinandersetzen. Er interessiert sich zum einen für Elemente rund um Tradition und Kulturerbe sowie für die affektiven Seiten der Fasnacht. Zum anderen geht es ihm auch darum, ihre politischen, sozialen und territorialen Dimensionen zu hinterfragen und sich so vor dem Hintergrund des Festes mit Themen der Identität, des Kollektivs und der Gemeinschaft zu befassen. Er will Momente von Fasnachtsveranstaltungen ebenso einfangen wie landschaftliche und bauliche Elemente, die zur fasnächtlichen Bilderwelt gehören. Er wird verschiedene Fasnachtsfeste mit der Kamera begleiten, darunter jene von Freiburg, Bulle, Broc, Murten und Châtel-St-Denis. Das Resultat der 15. Fotografischen Ermittlung wird Anfang 2027 in einer Publikation und einer Ausstellung in der Kantons- und Universitätsbibliothek präsentiert.
Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg
Im Jahr 1996 rief der Staatsrat auf Vorschlag der Direktion für Erziehung, Kultur und Sport die «Fotografische Ermittlung: Thema Freiburg» ins Leben. Seither beauftragt der Kanton alle zwei Jahre eine Fotografin oder einen Fotografen mit einer Fotoreportage. Das Thema oder der Gegenstand der Reportage muss einen Bezug zum Kanton Freiburg haben (Ort, Ereignis, Persönlichkeit usw.) und bei der Einreichung des Projekts noch unveröffentlicht sein. Die Preisträgerin oder der Preisträger erhält für die Realisierung des Projekts 20 000 Franken. Das Projekt ist ausserdem Gegenstand einer Ausstellung und einer Publikation. Diese Initiative dient der Förderung des fotografischen Schaffens und zugleich dem schrittweisen Aufbau einer zeitgenössischen Fotosammlung zum Kanton. Die nächste Ausgabe der «Fotografischen Ermittlung: Thema Freiburg» wird 2027/28 stattfinden; die Ausschreibung wird im ersten Vierteljahr 2027 erfolgen.