Die Sumpfschildkröte
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Biologie
Die Sumpfschildkröte ist eine einheimische Süsswasserschildkröte. Ihr Panzer ist mit kleinen gelben Mustern verziert, meist schwarz, kann aber auch olivbraun sein. Ausgewachsen wird sie zwischen 13 und 18 cm gross und wiegt zwischen 300 g und 1 kg. Die Weibchen sind grösser als die Männchen. Sie ist ein Wassertier und kommt in Feuchtgebieten mit stillen Gewässern wie Teichen, Sümpfen oder Kanälen vor.
Sumpfschildkröten sind opportunistische Allesfresser. Sie ernähren sich vor allem von Pflanzen wie Seerosen, aber auch von wirbellosen Wassertieren. Mit ihrer Aasfressertendenz gelten sie als Teichreiniger. Der Druck durch Fressfeinde auf Fische und Amphibien ist relativ gering.
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Status in der Schweiz
Hinweise auf das Vorkommen der Sumpfschildkröte reichen bis in die Steinzeit zurück. Überreste von Sumpfschildkröten sowie Verweise auf diese Art ziehen sich durch die gesamte Geschichte. Dank ihres natürlichen „Verpackungsmaterials”, dem Panzer, war die Sumpfschildkröte leicht zu transportieren und somit ein begehrtes Gut für Reisende. Diese Zwangsumsiedlungen erschwerten die Bestimmung der «natürlichen» Verbreitung dieser Art; einige Experten bezweifelten sogar, dass die Sumpfschildkröte in der Schweiz heimisch ist.
Auf jeden Fall ist die Sumpfschildkröte nach und nach aus der Schweiz verschwunden, vor allem aufgrund des Verlusts ihres Lebensraums: der Feuchtgebiete. Der Gefährdungsstatus der Sumpfschildkröte wurde im Rahmen der Revision der Roten Liste der Reptilien im Jahr 2023 überprüft, und die Art gilt weiterhin als «vom Aussterben bedroht». Der Schutz dieser Art hat daher für den Bund hohe Priorität.
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Situation im Kanton Freiburg
Wie in der übrigen Schweiz muss davon ausgegangen werden, dass die Sumpfschildkröte aus dem Kanton Freiburg verschwunden ist. In den letzten Jahren wurden vereinzelte Sichtungen gemeldet. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um ausgesetzte Tiere, deren Herkunft jedoch nicht überprüft werden konnte. Bei den Beobachtungen am Südufer des Neuenburgersees könnte es sich auch um Tiere aus dem Naturschutzgebiet Vieille-Thielle handeln, wo offizielle Aussetzungen vorgenommen wurden. Ob es am Südufer des Neuenburgersees bereits zu Fortpflanzungen gekommen ist, ist nicht bekannt.
Wiederansiedlung in der Schweiz
In den 2010er Jahren wurden drei Schweizer Regionen ausgewählt, um das Projekt Emys und die Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte zu starten: die Region Genf, das Naturschutzgebiet Vieille-Thielle (NE) und das Tessin. Die im Kanton Genf und Neuenburg wiederangesiedelten Populationen haben sich gut in ihrem neuen Lebensraum etabliert, und es wurde eine natürliche Fortpflanzung festgestellt. Im Kanton Tessin wurde bislang keine Wiederansiedlung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Männchen sich stärker ausbreiten als die Weibchen. Es ist möglich, dass im Naturschutzgebiet Vieille-Thielle ausgesetzte Tiere den Neuenburgersee besiedelt haben.
Freiburger Projekt zur Verbreitung der Sumpfschildkröte
Hintergrund
Im Rahmen der ersten Projekte zur Wiederansiedlung der Sumpfschildkröte wurde ein für neue Freilassungen geeignetes Gebiet identifiziert. Dieses Gebiet liegt im weiteren Sinne um die drei Seen (zwischen Chavornay und Biel, entlang der Ufer des Murtensees). Dieses Gebiet bietet zahlreiche geeignete Standorte und eine gute Vernetzung zwischen den Standorten. Im Jahr 2024 wurden einige Standorte sorgfältig geprüft, um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der Art optimal entsprechen. Nach entsprechender Auswertung wurde das Naturschutzgebiet Cheyres als günstigster Standort für die Freilassung von Sumpfschildkröten eingestuft. Obwohl es sich nicht um die erste Freilassung von Sumpfschildkröten handelt, stellt das vorliegende Projekt einen Fortschritt für den Schutz dieser Art dar. Denn noch nie zuvor wurde diese Art in einem so grossen Gebiet freigelassen. Im Gegensatz zu einer strikten Wiederansiedlung stellt das Freiburger Projekt eine Vergrösserung der bestehenden Populationen dar und zielt darauf ab, das Überleben dieser Art zu sichern.
Ein Projekt, das verbindet
Die Umsetzung dieses Projekts wird nicht nur die Verbindung zwischen den Populationen der Sumpfschildkröten ermöglichen, sondern auch zur Vernetzung zahlreicher Akteure beitragen. Auf operativer Ebene arbeitet der Kanton Freiburg mit dem Centre Emys zusammen, das auf die Aufzucht und den Schutz von Schildkröten spezialisiert ist. Das Projekt stützt sich auf die Erfahrungen und das Fachwissen des Lenkungsausschusses für die Freilassung von Sumpfschildkröten in der Schweiz. Dieser Ausschuss unter der Leitung von info fauna setzt sich aus Experten, Züchtern von Sumpfschildkröten (z. B. Papiliorama, Tierpark Bern, Centre Emys, Swiss Emys & Co.) sowie Vertretern der kantonalen und eidgenössischen Behörden zusammen. Als Verwalterin des Naturschutzgebiets Cheyres bringt der Verein «Grande Cariçaie» seine Kenntnisse über den Lebensraum und die Pflege von Naturschutzgebieten ein. Die Universität Neuenburg stellt ihr Fachwissen für die Analyse der im Rahmen dieses Projekts gesammelten Daten zur Verfügung. Die Kantone Waadt und Freiburg stehen in diesem Fall in engem Kontakt, um die Fortschritte und die Entwicklungen des Projekts zu verfolgen. Im Rahmen der Pflege der Naturschutzgebiete am Südufer des Neuenburgersees sind auch die Kantone Neuenburg und Bern eingebunden. Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass auch der Kanton Genf mit einigen Personen an diesem Projekt beteiligt ist.
Ziele
Dieses Projekt hat drei Ziele:
- Aufbau einer Population von Sumpfschildkröten, die sich fortpflanzen und in allen Reservaten der Grande Cariçaie ausbreiten kann.
- Verfolgung der Wirksamkeit des Projekts und der Akklimatisierung der freigelassenen Sumpfschildkröten unter den besonderen Bedingungen der Grande Cariçaie
- Aufklärung über die Bedeutung des Schutzes von Feuchtgebieten und ihrer Bewohner.
Das Projekt in Zahlen:
| 250 ha | Fläche des Naturschutzgebiets Cheyres |
|---|---|
| 3'000 ha | Gesamtfläche der Grande Cariçaie |
| 13 juin 2025 | Erste Freilassung von Sumpfschildkröten im Naturschutzgebiet Cheyres |
| 60 | Anzahl der 2025 freigelassenen Sumpfschildkröten |
| 50 | Anzahl der zwischen 2026 und 2028 jährlich freigelassenen Sumpfschildkröten |
| 190 | Anzahl der im Rahmen dieses Projekts freigelassenen Sumpfschildkröten |
| 10 | Anzahl der mit einem GPS-Sender ausgestatteten Tiere |
| 48'000 CHF | Projektbudget, finanziert durch den Bund und den Kanton Freiburg |
| 2130 | Jahr des theoretischen Todes des letzten im Rahmen dieses Projekts freigelassenen Individuums. |
Aktuelles
Das erstmalige Aussetzen von etwa 60 Tieren, darunter Jungtiere, fand am Freitag im Naturschutzgebiet in Cheyres in Anwesenheit von Staatsrat Didier Castella statt. Zehn ausgesetzte Tiere werden mit einem GPS-Tracker ausgestattet und sind während einem Jahr Gegenstand eines Monitorings im Rahmen einer Masterarbeit für die Universität Neuenburg. Um die nächsten Freilassungen zu planen, wird die Paarung in den verschiedenen offiziellen Aufzuchtstationen wieder aufgenommen.
Sensibilisierung
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Eine Freilassung kann nicht improvisiert werden
Das Freiburger Projekt zur Vergrösserung der Sumpfschildkrötenpopulationen basiert auf fast zwanzigjähriger Arbeit. Es berücksichtigt logistische, biologische und ethische Fragen. Das Aussetzen von Tieren in die Natur ist verboten! Denn selbst wenn die Aktion gut gemeint ist, kann sie verheerende Folgen für das Ökosystem haben. Das Aussetzen invasiver gebietsfremder Arten wie beispielsweise der Floridaschildkröte in die Umwelt ist unter allen Umständen zu vermeiden.
Setzen Sie niemals eine Hausschildkröte frei!
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Die Natur kann nie wirklich wiederhergestellt werden
Menschliche Handlungen sind die direkten und indirekten Ursachen für das Aussterben von Arten und die Zerstörung natürlicher Lebensräume. Der Verlust der kostenlosen Ökosystemleistungen stellt eine ernsthafte Bedrohung für unsere Gesellschaft dar. Auf menschlicher Ebene gibt es keine Alternative zur Erhaltung der noch vorhandenen biologischen Ressourcen.
Die Stärkung einer bedrohten Art erfordert jahrelange Arbeit, erhebliche Ressourcen und garantiert keinen Erfolg. Der Schutz natürlicher Lebensräume, bevor sie zerstört werden, ist wirksamer als jede nachträgliche Wiederherstellung.
Dieses Projekt sensibilisiert die Öffentlichkeit für die Bedeutung eines vom Aussterben bedrohten Lebensraums: Feuchtgebiete. Die Sumpfschildkröte erinnert als sympathischer Botschafter daran, dass es notwendig ist, zu handeln und dieses kantonale Naturerbe zu schützen.