Joseph Ackermann (1901–1987), konservativ
Nach der Primarschule in Bulle besucht Joseph Ackermann das Kollegium in Saint-Maurice (VS). Diese Wahl ist auf die Spannungen im Zusammenhang mit der Zeitung Le Fribourgeois zurückzuführen, welche die katholischen Greyerzer Konservativen nach Unabhängigkeit streben liessen und die Familie bewogen, den Knaben nicht ins Kollegium St. Michael zu schicken. Nach der Matura studiert Ackermann Rechtswissenschaften in Freiburg, Zürich und Paris. 1924 erwirbt er sein Lizentiat in Recht. Gleichzeitig leistet er seinen Militärdienst und bekleidet als Auditor und dann als Grossrichter den Rang eines Oberstleutnants.
1926 wird er Substitut des Freiburger Staatsanwalts, eine Stelle, die er 1930 aufgibt, um eine Anwaltskanzlei in Bulle zu eröffnen. Daneben leitet er ab 1932 den Crédit gruyérien. Anwalt und Bankier, sitzt er zudem als konservativer Abgeordneter im Grossen Rat (1931–1941). In den 1930er Jahren zählt er zu den einflussreichsten Honoratioren in Bulle und im Greyerzerland.
Am 7. Januar 1941 stirbt Staatsrat Romain Chatton in Ausübung seines Amtes. Der 40-jährige Ackermann folgt ihm nach und übernimmt die Finanzdirektion. Während der zwei Legislaturen (1941–1951), die er in der Regierung verbringt, verteidigt er vor dem Grossen Rat mehr als vierzig Gesetze und Dekrete. Unter den Gesetzen seien vor allem genannt : das Gesetz von 1947 « zur Verringerung des Defizits des Staatshaushalts », das Gesetz von 1949 über die Verwaltung des Salzregals und schliesslich die drei Gesetze von 1951 über die Verwaltung (juristischer Status, Status der Pensionskassen, Löhne und Gehälter). Ein wichtiges Dekret von 1946 schafft einen « Sozialfonds zugunsten des ernannten Staatspersonals », eine Neuerung, die zeigt, wie prekär die materielle Lage der Staatsbeamten kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war. Zwei weitere Dekrete betreffen den öffentlichen Verkehr : 1949 geht es um die Erhöhung der Staatsgarantie für die Freiburger Eisenbahnen, 1951 um die Deckung des Defizits der Bahngesellschaft Greyerz–Freiburg–Murten (GFM).
Das Jahr 1947 bedeutet in Ackermanns politischer Laufbahn einen Höhepunkt : Er präsidiert den Staatsrat und wird in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1951 angehört. Als Finanzdirektor sitzt er im Verwaltungsrat der Schweizerischen Nationalbank und ist Vizepräsident der Freiburger Staatsbank.
1948 beginnt die Steueraffäre der falschen Wohnsitze von Ausländern in der Schweiz ihre Kreise zu ziehen (sie dauert bis mindestens 1952). Es kommt zu zahlreichen Vorstössen im Nationalrat und zu Strafverfolgungen auf Bundes- und Kantonsebene. In Freiburg sind zwei hohe Beamte der Finanzdirektion in die Sache verwickelt. Ackermann wird von bestimmten Zeitungen – ohne Beweise – beschuldigt, ist jedoch in keinem Moment gefährdet.
Da der FEW-Direktor Ende 1951 zurücktritt, bewirbt sich Joseph Ackermann nach zwei Legislaturen um die Stelle und verzichtet auf seinen Regierungssitz. Zwei Tage nach der Ankündigung des Rücktritts des amtierenden Direktors ernennt ihn der Staatsrat zu dessen Nachfolger. Ackermann muss auch den Nationalrat verlassen.
1957 übernimmt er das Präsidium seiner Partei. Bis zu seinem Rücktritt 1966 übt er einen massgeblichen Einfluss aus. So verständigen sich die konservativen Regierungsmitglieder vor den Sitzungen des Staatsrats (in dem sie die absolute Mehrheit haben) mit ihm über die wichtigsten zu fällenden Beschlüsse.
Joseph Ackermann leitet die FEW von 1951 bis 1969. Zudem ist er Präsident der GFM und der Tourismusgesellschaft Gruyères-Moléson-Vudalla.
Am 5. Mai 1987 stirbt Joseph Ackermann im Alter von 86 Jahren in Freiburg, eine Persönlichkeit, die durch ihren Unternehmungswillen ebenso überzeugt hat wie durch ihre Fähigkeit, sich den unterschiedlichsten, auch den heikelsten, Situationen anzupassen.