Léon Pittet (1806–1858), radikal
Nach dem Besuch des Kollegiums St. Michael studiert Léon Pittet Rechtswissenschaften bei Professor Bussard. 1831 wird er Schreiber am Bezirksgericht Greyerz, 1833 Verwalter im Grundbuchamt desselben Bezirks. Ab 1834 ist Pittet als Notar tätig und wird 1846 Schreiber der Waisendirektion seiner Region. Léon Pittet ist ein überzeugter Anhänger der Revolution und der Regeneration von 1830. In der Folge lässt er sich von den radikalen Ideen überzeugen, da er dem Klerikalismus, den Jesuiten und dem Sonderbund feindlich gesinnt ist. Er ist Gemeinderat und dann Ammann von Greyerz (1838–1841). Von 1837 bis 1856 ist er Greyerzer Abgeordneter im Grossen Rat, ausgenommen 1847, da er am 6. Januar dieses Jahrs am Aufstand gegen die konservativen Behörden und den Sonderbund teilnimmt.
Léon Pittet ist Mitglied und Vizepräsident der provisorischen Regierung vom November 1847. Er leitet die Justizdirektion. Am 8. März 1848 wird er zum Staatsrat gewählt (zweites Mitglied mit 57 von 62 Stimmen). Er behält die Justizdirektion bis im Juni 1849, als er den verstorbenen Landerset in der Finanzdirektion ablöst. Pittet leitet diese bis zu seinem Rücktritt 1854. Als Justizdirektor ist er der Initiator des Gesetzes vom 26. Mai 1848 über die Justizordnung. An der Spitze der Finanzen verantwortet er das Gesetz vom 12. März 1850 über die Verwaltung des öffentlichen Haushalts, das Gesetz vom 14. Mai 1850 über die Stempelabgaben und das Gesetz vom 3. Dezember 1853 über die Einrichtung einer Hypothekarkasse. Léon Pittet ist Mitglied des Aufsichtsrats der Kantonalbank und leitet die Hypothekarkasse von 1854 bis 1858.
Léon Pittet, den man als starke Persönlichkeit, guten Verwalter und Staatsmann mit einem umfangreichen wirtschaftlichen Werk bezeichnen kann, präsidiert den Staatsrat 1849 und 1852. Im Jahr 1854 wird er erneut an die Spitze der Regierung gewählt, lehnt dies jedoch ab, da er sich aus der Exekutive zurückziehen will. Anfänglich ist Léon Pittet ein unversöhnlicher Radikaler, mässigt später seine Ansichten jedoch unter dem Druck der Regierungsverantwortung und der unklaren politischen Lage im Kanton. Er ist der Wortführer der gemässigten Radikalen in der Regierung und stellt sich der extremistischen Fraktion Julien Schallers entgegen. Von 1851 bis 1854 sitzt er im Nationalrat.
Nach seinem Rücktritt aus der Regierung (1854) ist Léon Pittet als Notar in Freiburg tätig und nimmt weiter seine Verantwortlichkeiten im Bankenwesen wahr. Er sitzt in der Schulherrenkammer der Hauptstadt (1849–1858) und präsidiert die Notariatskammer.
Am 29. April 1858 stirbt er im Alter von 52 Jahren Freiburg.