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Françoise Savoy © Etat de Fribourg - Staat Freiburg

Liebe Besucherinnen und Besucher

Herzlich willkommen auf der Website des Freiburger Grossen Rates.

Ob Sie zufällig, aus Neugier oder auf der Suche nach Informationen hier sind, verweilen Sie ohne zu zögern einen Moment auf dieser Website. Hier finden Sie Fotos unserer Grossrätinnen und Grossräte, Informationen über ihre Arbeit in den Kommissionen und kurzum das ganze Leben des Grossen Rates. Dieses wird von den acht Sessionen bestimmt, die unser Jahr prägen. Im Jahr 2025 wird jede Session jeweils mit einem unveröffentlichten Text einer Freiburger Autorin oder eines Freiburger Autors eingeleitet.

Dieser Text ist ein Geschenk für die Grossrätinnen und Grossräte, eine gemeinsame Erzählung, die unsere Debatten einleitet, und wird auf dieser Seite veröffentlicht, profitieren Sie! In einem Text suchen wir oft nichts, finden aber viel!

Mit freundlichen GrüssenFrançoise Savoy

    Liebe Grossrätinnen und Grossräte

    Sie wissen es wahrscheinlich nicht, aber wir kennen uns gut, Sie und ich. Ich bin gewissermassen mit Ihnen aufgewachsen. Mein Grossvater, Louis Duc, wurde 1986 Mitglied des Grossen Rates. Als meine Schwestern und ich klein waren, sahen wir, wie er sich an den Sitzungstagen morgens fertig machte, ohne genau zu verstehen, welche Art von Ratschlägen er geben würde und wem. Trotzdem mussten wir schmunzeln, als wir sahen, wie er, der seine Tage in Stallstiefeln verbrachte, plötzlich in Panik geriet, weil er seinen Kamm oder seine Schuhe für die Stadt nicht finden konnte. 

    Auch heute noch ist das erste Bild, das mir in den Sinn kommt, wenn ich die Worte «Grosser Rat» höre, mein Grossvater, der eine Dose Haarspray über seiner beginnenden Glatze leer sprayt. 

    Ich habe erst kürzlich wieder an den Haarspray gedacht, als ich auf einen seiner alten Kalender gestossen bin. Louis war bis zu seinem Tod Mitglied des Parlaments und hatte offenbar vor, noch lange darüber hinaus im Amt zu bleiben, denn das Einzige, was in diesem halb leeren Terminkalender für 2015 stand, die einzigen Termine, die er trotz der Krebserkrankung, die ihn seit Wochen ans Bett fesselte, eintrug, waren die Termine Ihrer nächsten Sessionen. Alle, bis Dezember. Er ist am 26. Februar verstorben. 

    Zehn Jahre später, als ich mich fragte, worüber ich Ihnen erzählen könnte, Ihnen, die Sie vielleicht meinen Grossvater gekannt haben, ihm zweifellos zugehört, ihm widersprochen und ihn manchmal ertragen haben, war das Erste, woran ich dachte, sein Hund: Lucky. Sein letzter Hund. 

    Man hätte ahnen können, dass es der letzte sein würde. Es gab Dutzende vor ihm, liebevolle Bastarde, die sich in der kleinen Hundehütte vor dem Bauernhof abgelöst haben. Tatsächlich sind sie ihm im Laufe der Jahre näher gekommen; Mit jedem Abschied, jeder Trauer, jedes Mal, wenn das Haus ein wenig leerer wurde, rückte der Hund ein paar Meter weiter, ging durch die Tür, fand seinen Platz auf der Veranda, dem Teppich, dem Sessel ... Lucky schlief auf seinem Schoss. Die Pfoten auf dem Sofa, den Kopf an sein Herz gelehnt. 

    Man hätte also vermuten können, dass es nach ihm keine weiteren geben würde: Man konnte nicht näher kommen. 

    Louis mochte ihn nicht auf Anhieb. Er war stämmig, rundlich. Er war gelb. Er ist es geblieben, auch wenn sein Fell mit der Zeit grau geworden ist. Er war der Jüngste seiner Geschwister, nicht das Nesthäkchen, sondern der Jüngste, der nicht ganz so süsse, auch nicht besonders aufgeweckte, der ganz unten im Karton bleibt, weil ihn niemand haben will. 

    Er wollte ihn.

    Er hat ihn geliebt. 

    Er hat es ihm mit Salamischeiben gesagt. Mit Cervelat-Enden und Käsewürfeln, mit allem, was am Sonntag unter dem Tisch herumlag. Lucky hatte Speck und Cholesterin und darunter einen mit Trockenfutter gefüllten Bauch. Sogar seine Fürze rochen nach Wurst. Ich kann Ihnen sagen, dass er nie in seiner Hundehütte geschlafen hat. 

    Es steht jedoch sein Name darauf, mit einem Rechtschreibfehler: Lecky, mit «e» statt «u» wie Lècky Luke.

    Als er kam, war die Zeit, in der Hunde in Hundehütten schliefen, bereits vorbei. Die Zeit, in der man Katzen hungern liess, um Mäuse zu bekämpfen, in der man vor dem Mittagessen ein Huhn und vor Weihnachten ein Schwein schlachtete, die Zeit, in der Kaninchen keine Namen und Hunde keine Salami hatten. 

    Als junger Hund zog Lucky an seiner Leine. Er rannte hinter dem Traktor, dem Anhänger und den Vögeln her, bevor er sich mit seinen schmutzigen Pfoten in die Hände meines Grossvaters, die ebenfalls voller Erde waren, schmiegte. Überall lag Erde, auf den Bodenplatten, den Treppen, sogar auf den Armlehnen des Sofas, das sich die beiden Männer des Hauses brüderlich teilten, wenn sie von den Feldern zurückkamen. 

    Und dann verstummte der Traktor. 

    Lucky, der plötzlich sein Sofa nicht mehr teilen musste, wurde auf einmal alt. Plötzlich tauchte dieser verdächtige Knoten an seiner Flanke auf. Der gleiche, der einige Monate zuvor unter der Achsel seines Besitzers aufgetaucht war. Lucky wurde immer dicker, man musste ihn noch mehr lieben, um ihn herumkommen, um seine deformierten Flanken herum, die er bald nicht mehr auf das Sofa hieven konnte. 

    Eines Tages hat Lucky seinen Napf nicht leer gegessen. Das war das Signal. Er mochte zwar dick, lahm und taub sein, aber «solange er frisst», so sagte man, und Lucky, vielleicht aus Überlebensinstinkt, frass. «Es ist so weit», sagte der Tierarzt. Er vernahm den «richtigen Moment». Es würde viele schlechte Momente geben; morgen, nächste Woche, vielleicht in einem Monat, aber der richtige, jeder, der schon einmal diesen Anruf beim Tierarzt tätigen musste, weiss es: Es gibt nur einen. Und der ist selten nächste Woche. 

    Und Lucky war da, wartete ohne zu fressen, lag in seiner Pisse mitten im Gang, in dem er seine ersten Schritte gemacht hatte, und sah uns traurig an. Das Alter hat solche Augen: Diese flehenden, panischen Augen, diese entschuldigenden Augen in dem Moment, als Lucky seinen letzten Atemzug tat. 

    Sein Name steht immer noch auf der Hundehütte. 

    Fünf Buchstaben, die Abwesenheit bedeuten und uns, wenn wir hinter der Eingangstür warten, an die Zeit erinnern, als diese Tür noch bellte. Eine kleine beruhigende Melodie, das Geräusch, das das Leben macht, wenn alles gut läuft. Lucky begrüsste uns mit wedelndem Schwanz, immer froh uns zu sehen, nie überrascht, er schien jedes Mal auf uns zu warten, und es war schön, sich von dieser Schnauze mit ihrem zweifelhaften Atem, halb nach Salami, halb nach Käserinde riechend, erwartet zu fühlen, man hatte das Gefühl, dass alles an seinem Platz war. Dass das alles so bleiben würde. 

    Heute ist dieser Name auf der Hundehütte eine Wunde. Eine Narbe auf der Wange der glücklichen Jahre, in denen der Hund beim Nachhausekommen vom Spaziergang Schlammspuren auf den Bodenplatten hinterliess. Damals wussten wir noch nicht, wie glücklich wir uns schätzen konnten, Spuren von Erde, Spuren von Leben in unseren plötzlich so sauberen, so leeren Räumen zu haben, ohne Haare auf dem Teppich und ohne Grossvater auf dem Sofa. Wir hatten gar nicht bemerkt, wie glücklich wir waren. Es ist dumm, dass wir dem Glück nie Beachtung schenken, dumm, weil irgendwann immer der Moment kommt, in dem wir die Zeiten vermissen, in denen wir den Gang schrubben mussten. 

    Weil die Schmutzspuren im Korridor eine Sprühdose sind, die sich vor der Eröffnung des Grossen Rates entleert. Es ist ein Grossvater, der vor dem Fernseher einen Brotkrümel isst, sorglose Enkelinnen, die von der Schule nach Hause kommen und den Hund beiseiteschieben, um sich zu ihm aufs Sofa zu setzen, die ihm dabei zusehen, wie er seinen Terminkalender mit Terminen füllt, die er auch wirklich einhalten kann. Es bedeutet, das ganze Leben vor uns zu haben und nur einen kleinen Teil seines Lebens hinter sich, es bedeutet zu glauben, dass unser Leben immer so bleiben wird, mit seinem Lachen in der Küche und seinen Kämmen, die verschwinden, während das Parlament nicht wartet.

    Das sind all die Spuren von Erde im Gang: das Gebell hinter der Tür und die unsterblichen Grosseltern – so ist das Leben, wenn es uns nicht wehtut. 

    Die fünf Buchstaben auf der Hundehütte erinnern uns heute ein wenig daran. Sie erinnern uns daran, dass Lucky nie darin geschlafen hat, dass er immer lieber auf dem Schoss meines Grossvaters gelegen hat. Dass er vom ersten Tag an seinen Kopf auf sein Herz gelegt hatte. 

    Wir hätten ahnen müssen, dass man nicht näher an ihn herankommen konnte.

    Angélique Eggenschwiler

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