Heute überweist der Staatsrat dem Grossen Rat zwei Dekretsentwürfe, mit denen die ersten beiden Etappen der Vollzugsplanung 2016–2026 umgesetzt werden sollen.
Der Staatsrat hatte die Vollzugsplanung ursprünglich im Dezember 2015 beschlossen. 2019 hat er sie überarbeitet, um den Ergebnissen des Expertenberichts nach einem Ausbruch aus dem Zentralgefängnis im September 2017 Rechnung zu tragen. Erste Priorität der neuen Vollzugsplanung ist nun die Erweiterung des Standorts Bellechasse, der den ordentlichen und den vorzeitigen Straf‑ und Massnahmenvollzug zum Auftrag hat. Die grosse organisatorische und sicherheitstechnische Herausforderung besteht darin, den offenen Vollzug (Arbeit hauptsächlich im Landwirtschaftsbetrieb) physisch vom geschlossenen Vollzug (Arbeit in gesicherten Werkstätten) zu trennen. Heute sind die beiden Vollzugsformen noch teilweise gemischt.
Der Entwurf sieht deshalb eine Erweiterung des sogenannten Pavillons vor, um 66 neue Zellen für den offenen Vollzug zu schaffen. Auf diese Weise können die Insassen im offenen Vollzug, die momentan im stärker gesicherten «Zellentrakt» untergebracht sind, von dort entfernt werden. Der Zellentrakt wird zudem renoviert, damit er den heute geltenden Standards entspricht. Damit wird Bellechasse über 100 Haftplätze im offenen Vollzug und 100 weitere im geschlossenen Vollzug verfügen. Dank dieser Vergrösserung kann das sehr veraltete Gebäude des Tannenhofs geschlossen und abgerissen werden. Dieses liegt in rund drei Kilometern Entfernung vom Hauptstandort.
Gesundheitszentrum und neue Werkstätten
In Bellechasse sind zudem drei weitere Neubauten vorgesehen. Zunächst ein an den Pavillon angebautes Empfangsgebäude, in dem der Essraum, der Empfang und die Besuchsräume für die Gefangenen im offenen Vollzug untergebracht werden. Weiter ein richtiges Gesundheitszentrum, das eine angemessene somatische und psychiatrische Versorgung der Gefangenen erlaubt. Dies weil der Bedarf der Gefängnisbevölkerung an medizinischer Betreuung in den letzten Jahren angestiegen ist. Schliesslich sind auch neue gesicherte Werkstätten geplant, damit genügend Arbeitsplätze für die Gefangenen im geschlossenen Vollzug und für jene im vorzeitigen Strafvollzug zur Verfügung stehen.
Diese Arbeiten bilden die erste Etappe der Vollzugsplanung, deren Gesamtkosten auf 37,8 Millionen Franken geschätzt werden. Nach Abzug einer finanziellen Beteiligung des Bundes von 9,2 Millionen und Sachleistungen der FRSA im Umfang von rund 1 Million beantragt der Staatsrat beim Grossen Rat einen Kredit von 27,7 Millionen Franken. Die Arbeiten sollten Ende Sommer 2021 beginnen und dürften nach Plan und ohne unvorhergesehene bauliche und verfahrenstechnische Umstände rund zwei Jahre dauern.
Notwendige Schliessung des Zentralgefängnisses
Die zweite Etappe beinhaltet die Schliessung des in der Altstadt von Freiburg gelegenen Zentralgefängnisses und die Verlegung der Untersuchungshaft. Der Umzug, der ursprünglich als dritte Priorität der Vollzugsplanung vorgesehen war, stellte sich als dringlicher heraus, nachdem der Bericht von Experte Henri Nuoffer vorlag, den dieser nach dem Ausbruch vom September 2017 verfasst hatte. Das Zentralgefängnis ist eine veraltete Einrichtung in einem historischen Wohnquartier. Dies ist sowohl in sicherheitstechnischer Hinsicht wie auch im Hinblick auf eine allfällige Renovation oder einen allfälligen Ausbau problematisch.
Untersuchungshaft in Bellechasse
Anfang 2018 wurde eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe eingesetzt, die verschiedene Möglichkeiten prüfte. Sie kam zum Schluss, dass die Verlegung der Untersuchungshaft an den Standort Bellechasse die sinnvollste und effizienteste Lösung darstellt. Der Bau einer neuen Vollzugsanstalt in Grossfreiburg wäre sehr kostspielig und eine Verwirklichung innert nützlicher Frist wenig wahrscheinlich. Im Gegensatz dazu wird ein Neubau in Bellechasse nicht nur dadurch erleichtert, dass das Grundstück dem Staat gehört und bereits für den Strafvollzug genutzt wird. Überdies ermöglicht diese Lösung auch die Nutzung von offensichtlichen Synergien in den Bereichen Organisation und Infrastruktur.
Nach Abschluss dieser zweiten Etappe wird der Standort Bellechasse demnach 200 Plätze im Straf‑ und Massnahmenvollzug, 80 Plätze in der Untersuchungshaft, 5 Plätze in der Administrativhaft und 5 Plätze in einer Pufferzone aufweisen. Hinzu kommen 20 Plätze für die Halbgefangenschaft und das Arbeitsexternat, die von der heutigen Strafanstalt «Les Falaises» neben dem Zentralgefängnis in den geplanten Neubau am Standort der alten Schule von Sugiez verlegt werden sollen. Auf den Dächern sind 2'260 m2 Solarzellen geplant, mit denen insgesamt 430'900 kWh Strom pro Jahr gewonnen werden kann. Damit fügt sich der Standort Bellechasse in die Klimastrategie des Kantons ein, denn auf diese Weise wird ein Teil seiner Energiequellen mit Photovoltaikanlagen ersetzt, die dem Staat gehören.
Die Bedürfnisse der wichtigsten Partner, die auf einen regelmässigen Kontakt zu Untersuchungshäftlingen angewiesen sind (d. h. die Staatsanwaltschaft sowie die Anwältinnen und Anwälte), wurden analysiert. Es hat sich gezeigt, dass die Auswirkungen der Entfernung zur Kantonshauptstadt mit der Forcierung von Massnahmen wie Videokonferenzen und einem Transportdienst relativiert werden kann.
Der beim Grossen Rat beantragte Projektierungskredit beträgt 1,8 Millionen Franken, wobei die Kosten für die Projektumsetzung provisorisch auf rund 30 Millionen geschätzt werden. Ziel ist es, den Verpflichtungskredit im ersten Halbjahr 2021 zu verwenden, sodass die Inbetriebnahme der neuen Gebäude für die Untersuchungshaft für Ende 2025 angestrebt werden kann.