Das Verzeichnis, eine neuartige Arbeit?
Nein. Die systematische Erfassung der beweglichen Kulturgüter des Kantons begann im Jahr 1900 mit dem Inventar von Max de Techtermann. Auf diese Beschreibung von Werken aus Pfarreien und Klöstern folgte das fotografische Inventar, das Chorherr Nicolas Peissard 1911–1915 erstellte; es dokumentiert ca. 2000 Objekte, insbesondere Goldschmiedearbeiten, aus 74 Pfarreien.
Der Wille, im Kanton Freiburg bewahrte bewegliche Kulturgüter von Wert systematisch zu erfassen, trat zum ersten Mal im Jahr 1900 in Erscheinung, als der damalige Konservator des Kantonsmuseums, Max de Techtermann, durch einen Beschluss des Staatsrates mit der Erstellung eines entsprechenden Inventars beauftragt wurde. Die Arbeit an diesem Verzeichnis, das sich auf Beschreibungen von Goldschmiedearbeiten, Skulpturen, Gemälden, Altarbildern, Glocken und Paramenten aus dem Besitz freiburgischer Kirchen und Klöster beschränkte, wurde 1907 eingestellt. 1912 begann der Kantonsarchäologe, Chorherr Nicolas Peissard, ein neues, diesmal fotografisches, Inventar, das sich auf die Goldschmiedearbeiten in Freiburger Sakristeien konzentrierte, und dokumentierte auf diese Weise etwa 2000 Objekte, die 74 Pfarreien gehörten. Diese beispielhafte Arbeit wurde 1917 unterbrochen und trotz mehrfachen Ersuchens von Monseigneur Marius Besson, seit 1920 Bischof der Diözese, nicht mehr wieder aufgenommen.
Während der 1950er Jahre publizierte Marcel Strub in zwei Bänden der Reihe Kunstdenkmäler der Schweiz die wichtigsten beweglichen sakralen Kulturgüter der Stadt. Sein Nachfolger Hermann Schöpfer entwickelte in den 1970er Jahren ein Inventarisierungssystem für das bewegliche Kulturerbe der Pfarreien, das als Grundlage für seine Arbeit dienen sollte. Im Jahr 1986 wurde dank der finanziellen Beteiligung des Bundesamtes für Zivilschutz und der betroffenen Pfarreien das Inventar des religiösen Kulturerbes geschaffen, das die in Freiburger Kirchen und Kapellen bewahrten beweglichen Kulturgüter dokumentiert.
Im Unterschied zu den Inventaren des frühen 20. Jahrhunderts, in deren Mittelpunkt die Goldschmiedekunst stand, erfasst das neue Inventar alle nicht-architektonischen Elemente, die in Sakralbauten bewahrt werden. Systematisch verzeichnet, wenn sie aus der Zeit vor 1940 datieren, werden diese Werke einer strengen Selektion unterzogen, wenn sie nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden. Gemäss der aktuellen Gesetzgebung tragen diese Kurzbeschriebe den Namen Verzeichnis der beweglichen Kulturgüter, obwohl sie in der Hauptsache sakrale Objekte dokumentieren.
Datenbank
Die Datenbank der beweglichen Kulturgüter ist für den internen Gebrauch bestimmt und deshalb für Dritte nicht einzusehen.
Der Kanton Freiburg umfasst 155 Pfarreien (katholisch und reformiert) und 15 Klöster oder religiöse Gemeinschaften, die ein Kulturerbe von Rang besitzen. So sind 194 Kirchen, 330 Kapellen und 132 Oratorien erfasst. Im Juni 2018 verfügten ein Drittel der Sakralbauten des Kantons über ein vollständiges Verzeichnis, was 18‘431 zu diesem Zeitpunkt dokumentierten und identifizierten Objekten entspricht.
Das Verzeichnis, für wen?
Der Hauptzweck eines Verzeichnisses besteht darin, Eigentümer und Pfarreien über den Wert Ihres Kulturerbes und die Notwendigkeit aufzuklären, Massnahmen zu seiner langfristigen Sicherung zu ergreifen. Das Verzeichnis bildet die Grundlage für die Schutzmassnahmen, die gegebenenfalls von der Erziehungs-, Kultur- und Sportdirektion getroffen werden.
Auf Grund des wertvollen Charakters und der Empfindlichkeit einiger beweglicher Kulturgüter bleiben die Dossiers des Verzeichnisses vertraulich, und das Recht auf Einsicht ist den Personen vorbehalten, die ein besonderes Interesse geltend machen können, insbesondere den ForscherInnen.
Das Verzeichnis, mit welchem Recht?
Das Verzeichnis und die Unterschutzstellung der Kulturgüter werden durch das Gesetz vom 7. November 1991 über den Schutz der Kulturgüter (KGSG Art. 3, 44-45) und dessen Ausführungsreglement vom 17. August 1993 geregelt.
Das Verzeichnis, wie und in welchem Umfang?
Prüfen
Das Verzeichnis der beweglichen Kulturgüter beruht auf einer Arbeit vor Ort. Kirchen, Kapellen, Klöster und Pfarrhäuser werden besucht, um die dort aufbewahrten Objekte zu erfassen. In einer ersten Sichtung werden die Objekte ausgewählt, die dokumentiert werden sollen.
Die beweglichen Kulturgüter sind in fünf Hauptkategorien unterteilt:
- liturgische Geräte, wie Monstranzen, Kelche, Leuchter oder Prozessionskreuze;
- Paramente, das heisst liturgische Gewänder wie Kaseln oder Chormäntel, Wandbehänge oder andere Schmuckobjekte wie Prozessionsfahnen;
- liturgisches Mobiliar, wie Altäre, Chorgestühl, Taufbecken, Kirchenbänke, Orgeln oder Glocken;
- liturgische Bildwerke, wie Skulpturen, Gemälde oder Glasmalereien;
- liturgische Bücher bilden eine weitere Kategorie.
Dokumentieren
Die Mitarbeitenden erstellen vor Ort einen Kurzbeschrieb des Objekts, der insbesondere Angaben über die Art des Objekts, seine Masse sowie die verwendeten Materialien und Techniken enthält. Eine fotografische Dokumentation gewährleistet die Identifizierung des Objekts und belegt seinen Zustand im Augenblick der Erfassung.
Studieren
Da das Verzeichnis keinen wissenschaftlichen Zweck verfolgt, werden die gesammelten Daten nicht systematisch durch Archivforschungen ergänzt. Die meisten historischen Angaben stammen aus Publikationen oder beruhen gegebenenfalls auf einer kurzen Konsultation des Pfarreiarchivs. Eingehendere Forschungen werden lediglich bei erweiterten Dokumentationen durchgeführt.
Das Verzeichnis, objektiv oder subjektiv?
Der Begriff des Kulturerbes ist nicht auf das Alter oder den malerischen Charakter eines Objekts beschränkt. Die als Kulturgüter eingestuften Objekte des sakralen Kulturerbes werden nach 6 Kriterien bewertet:
Historische und ikonografische Bedeutung
Das Objekt ist ein Zeitzeugnis. Es ist Teil der politischen, sozialen, religiösen, kulturellen, wirtschaftlichen, technischen oder wissenschaftlichen, künstlerischen, handwerklichen oder industriellen Geschichte eines Ortes, einer Region oder eines Kantons, von dem es ein materielles Archiv darstellt. Es stellt einen Meilenstein oder eine Erinnerung an vergangene Bräuche, Praktiken, Überzeugungen oder Ereignisse dar. Es ist mit einer Persönlichkeit, einer Personengruppe, einer Familie oder einer Gemeinschaft verbunden. Es ist kulturgeschichtlich bekannt und bedeutsam und gilt daher als kunstgeschichtlich anerkanntes oder wichtiges Werk.
Repräsentativer Wert
Das Objekt dient als Referenz. Durch seine Funktion, seinen Gebrauch, sein Material, seine Technik, seine Ausführung, seine Form, seine Verzierung, seinen Stil oder seine Ikonografie hat es Modellcharakter oder zeugt von der zeitlichen oder räumlichen Verbreitung eines Modells oder Typus. Es bildet einen Meilenstein in der Arbeit einer Künstlerin oder eines Künstlers oder in ihrer bzw. seiner schöpferischen Entwicklung.
Materieller und technischer Qualität
Das Objekt ist ein beispielhaftes Werk. Durch die Auswahl und Qualität seiner Materialien, durch die Feinzeit und Vortrefflichkeit seiner Ausführung, durch den Reichtum seiner Motive, durch seine formale, gestalterische oder funktionale Qualität, durch seine technische Komplexität oder den Einfallsreichtum seiner Herstellung zeugt das Objekt von einem handwerklichen, technischen oder industriellen Können.
Situationswert
Das Objekt ist Teil eines Ganzen. Es ist ein integraler Bestandteil eines Gebäudes, einer Einrichtung, einer technischen Anlage, eines Gerätes, eines funktionalen, visuellen oder räumlichen Ensembles, einer Sammlung oder einer Serie. Als Teil eines Ganzen hat es Anteil an dessen begrifflicher Bestimmung, Charakter oder Funktion.
Integritätswert
Das Objekt ist vollständig. Das Objekt hat hinsichtlich seiner Bestandteile, Materialien, seiner Verarbeitung, Funktion, Bedeutung und seines Gebrauchs seine ursprüngliche Substanz, Form, Konstruktion, Funktion, Verwendungszweck, Bedeutung und Kontext, also seine Authentizität und Substanz, behalten.
Seltensheitswert
Das Objekt ist selten. Das Objekt ist nur in wenigen Exemplaren erhalten oder daher aus Sicht seines geschichtlichen und materiellen Werts, seiner Form, seiner Funktion, seines Gebrauchs, seiner Bedeutung, seiner Ikonografie oder seiner Dekoration einzigartig.
Das Verzeichnis, von A bis C
Gemäss dem Ausführungsreglement zum Kulturgütergesetz (Art. 48, Abs. 1) lässt sich der Wert des Objekts als Kulturgut nach folgender Skala festlegen:
A = Hohe Qualität: besonders repräsentatives, seltenes und/oder hervorragend gestaltetes Objekt, dessen ursprüngliche Substanz erhalten ist.
B = Gute Qualität: repräsentatives und/oder sorgfältig gestaltetes Objekt, dessen ursprüngliche Substanz oder Hauptelemente erhalten sind.
C = Durchschnittliche Qualität: repräsentatives Objekt auf Grund gewisser wesentlicher Elemente, deren ursprüngliche Substanz erhalten ist.