Kanton

Donnerstag 20. Februar 2003, Kanton


So viel Staat wie nötig
Umfassender Katalog der Staatsaufgaben
Die neue Kantonsverfassung wird voraussichtlich einen Artikel über den Konsumentenschutz enthalten. Dieser soll aber nicht mit dem Mieterschutz und mit einer staatlich geförderten Rechtsberatung gekoppelt werden.
Von WALTER BUCHS
Der Verfassungsrat hat gestern das Kapitel «Staatsaufgaben» des Vorentwurfs für ein neues kantonales Grundgesetz zu Ende beraten. Er hat dabei einen Antrag der FDP, den Artikel über den Konsumentenschutz zu streichen, mit 65:48 Stimmen abgelehnt. Die Freisinnigen hatten geltend gemacht, dass dieser Bereich auf Bundesebene umfassend geregelt sei und der Kanton dazu keine Kompetenzen habe.
Doppelspurigkeiten vermeiden
Joseph Rey (CSP, Freiburg) hatte beantragt, den Artikel über den Konsumentenschutz mit dem Mieterschutz zu erweitern. In diesem Punkt liess sich der Rat dann aber überzeugen, dass das Anliegen in der Bundesverfassung und in der eidgenössischen Gesetzgebung bereits erschöpfend behandelt wird und der Kanton keinen Spielraum mehr habe. Deshalb wurde der Vorschlag Rey klar abgelehnt.
Doppelspurigkeiten will der Verfassungsrat auch im Bereich der Rechtsberatung vermeiden. Die SP-Fraktion hatte eine Bestimmung vorgeschlagen, wonach «Staat und Gemeinden den Zugang zur Rechtsberatung fördern und die bestehenden Rechtsberatungsdienste unterstützen», wie Anna Petrig erläuterte. Antoinette de Weck machte im Namen der FDP darauf aufmerksam, dass das Angebot privater Organisationen bereits ausreiche und der Staat in diesem Bereich deshalb nicht tätig werden solle.
Förderung des öffentlichen Verkehrs
Ein Artikel im Vorentwurf der Verfassung besagt, dass der Staat eine «kordinierte Verkehrs- und Kommunikationspolitik führt, dabei der Sicherheit besondere Aufmerksamkeit schenkt und auch die Bedürfnisse des nicht motorisierten Verkehrs in angemessener Weise berücksichtigt». Angesichts der bekannten negativen Auswirkungen der motorisierten Privatverkehrs fand es die Bürger-Fraktion aber für notwendig, die Förderung des öffentlichen Verkehrs explizit zu erwähnen. Ein entsprechender Vorschlag wurde dann auch gutgeheissen.
Zu weit gingen dem Plenum aber Vorschläge der SP und der CSP, die verworfen wurden. Einerseits sollte der Staat verpflichtet werden, «ein umfassendes, für alle zugängliches Transportangebot» einzurichten. Der von Philippe Wandeler erläuterte CSP-Vorschlag enthielt ausformulierte Angaben, in welche Richtung die koordinierte Verkehrs- und Kommunikationspolitik auszugestalten sei, was nach Meinung der Mehrheit aber auf Gesetzesstufe zu regeln ist.
Angesichts der rasanten Entwicklung im Telekommunikationsbereich sollte der Staat gemäss Vorschlag der SP verpflichtet werden, auch in diesem Bereich eine koordinierte Politik zu betreiben und sich bemühen, «allen einen genügenden und qualitativ gleichwertigen Zugang zu den modernsten Telekommunikationstechniken zu gewähren». Für Jean-Jacques Marti (FDP, Freiburg) ging namentlich der zweite Teil des Antrags als Verfassungstext viel zu weit. Das Plenum lehnte ihn mit 62:42 Stimmen ab.
Das gleiche Schicksal erlitt der Zusatzantrag, dass «in den Grenzen des öffentlichen Interesses das Wasser im Eigentum des Kantons steht». Die Bestimmung, wonach «Staat und Gemeinden die Wasser- und Energieversorgung sicherstellen», war zwar völlig unbestritten. Um dies zu gewährleisten, sei es überhaupt nicht nötig, dass die Wasserreserven im Eigentum des Kantons sind, unterstrich Anton Brülhart (CVP, Düdingen).
Förderung von Kultur und Sport
Neben der Sicherstellung der Grundversorgung soll in der künftigen Kantonsverfassung ebenfalls die Unterstützung des kulturellen Lebens und des künstlerischen Schaffens sowie der sportlichen Betätigung und der Erholungsmöglichkeiten festgeschrieben werden. In beiden Bereichen wurden aber Zusatzanträge abgelehnt.
Mit einem solchen Vorschlag hätte Bernadette Haenni (SP, Murten) dem Sport gerne eine etwas prominentere Stellung in der Verfassung gegeben. Noch weiter ging ein Vorschlag der CVP. Doch auch in diesem Bereiche setzten sich die Formulierungen der Kommission durch. Das Plenum wollte damit klarmachen, dass nicht nur der (Spitzen-)Sport zu unterstützen ist, sondern ebenfalls Freizeitbeschäftigungen und Erholungsmöglichkeiten.
Öffentliche Ordnung und Grundrechte
Schliesslich hat der Verfassungsrat eine Bestimmung verabschiedet, wonach Staat und Gemeinden die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten haben. Dies muss allerdings unter Wahrung der Grundrechte geschehen. Diese Einschränkung war der Mehrheit des Plenums wichtig, denn eine offenere Formulierung, wie sie die Kommission vorgeschlagen hatte, wurde abgelehnt.

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