Kanton

Donnerstag 25. April 2002, Kanton


Mehr Rechte für Ausländer
Verfassungsrat macht bedeutsamen Schritt zur Integration
Ausländerinnen und Ausländer sollen im Kanton Freiburg auf Gemeindeebene stimmberechtigt und wählbar sein. Dies schlägt der Verfassungsrat im Hinblick auf die neue Staatsverfassung vor.
Von WALTER BUCHS
Zu Beginn der Aprilsession hat die verfassunggebende Behörde am Mittwochnachmittag den letzten Teil der Thesen betreffend die politischen Rechte behandelt. Zum Ausländerstimmrecht hatte die zuständige Kommission dabei vorgeschlagen, weder auf Kantons- noch auf Gemeindeebene das Stimm- und (passive) Wahlrecht zu gewähren. Gemäss Kommissionspräsident Frédéric Sudan (FDP, Greyerz) will eine Mehrheit der Kommission die Integration über die Einbürgerung fördern. Zudem sollte der Zusammenhang zwischen politischen Rechten und Bürgerpflichten beibehalten werden.
Gleiche Ziele - Verschiedene Wege
Eine Kommissionsminderheit hatte hingegen beantragt, den Ausländerinnen und Ausländern unter bestimmten Bedingungen das Stimmrecht auf Kantons- und Gemeindeebene zu gewähren; auf kommunaler Ebene zudem auch das passive Wahlrecht (für Generalrat und Gemeinderat). Für Anna Petrig (SP, Sense) ist das Ausländerstimmrecht heute eine demokratische Notwendigkeit. Das Kriterium der Staatsangehörigkeit sei überholt. Wer hier aufgewachsen sei, wohne und Steuern zahle, solle auch die politischen Rechte erhalten. Jean-Bernard Repond (Öffnung, Greyerz) und Regula Brülhart (CSP, Sense) kündigten an, dass ihre Fraktionen die Minderheitsanträge unterstützen werden.
Im Namen ihrer Fraktion erinnerte Rose-Marie Ducrot (Vivisbach) daran, dass die CVP namentlich erleichterte Einbürgerungen fördern wolle. Wie ihre FDP-Ratskollegin Marie-Claire Pharisa unterstrich sie, dass zur Integration das persönliche Engagement der Betroffenen notwendig sei, und dieses sei über die Einbürgerung besser gewährleistet.
Zudem hatte die CVP vorgeschlagenen, die Rechte der Ausländer auf Gemeindeebene auszuweiten. Auf dieser Stufe sollen künftig das Stimmrecht und das passive Wahlrecht gewährt werden. Bedingung soll allerdings sein, dass die Ausländerinnen und Ausländer gemäss eidgenössischer Gesetzgebung über eine Niederlassungsbewilligung verfügen und seit mindestens fünf Jahren in der betreffenden Gemeinde Wohnsitz haben.
In einem Stimmenverhältnis von 3:2 wurden die entsprechenden Thesen anschliessend gutgeheissen, nachdem die Kommissionsminderheit ihre Vorschläge zu Gunsten der CVP-Anträge zurückgezogen hatte. Eine eher knappe Mehrheit des Verfassungsrates ist hingegen der Auffassung, dass dieser Schritt auf Kantonsebene noch nicht vorgesehen werden soll.
Die Kommissionsmehrheit schlug im Weiteren vor, das Stimmrechtsalter auch in der künftigen Verfassung auf 18 Jahren zu belassen. Für Anna Petrig, die im Namen einer Kommissionsminderheit sprach, ist aber eine Senkung auf 16 Jahre fällig. Ambros Lüthi (SP, Freiburg) unterstützte diesen Antrag namentlich aus pädagogischen Gründen. Eine Senkung auf 16 Jahre würde die Möglichkeit eröffnen, in den Mittel- und Berufsschulen das staatsbürgerliche Interesse auf praktische Weise zu wecken. Für Bernadette Haenni (SP, See) sind die Jugendlichen mit 16 durchaus fähig, politische Verantwortung zu übernehmen, denn sie hätten in diesem Alter auch andere schwierige Entscheide zu treffen.
Stimmrechts- versus Mündigkeitsalter
Josef Eigenmann (CVP, Saane-Land) wies auf die Problematik hin, wenn das Stimmrechtsalter vom Mündigkeitsalter getrennt würde. Für Philippe Vallet (CVP, Greyerz) könnten sich beispielsweise Probleme ergeben, wenn eine noch nicht mündige Person als Gemeinderat Dokumente unterzeichnen muss. Mit 81:37 Stimmen verabschiedete der Verfassungsrat anschliessend eine These, nach der das Stimmrechtsalter bei 18 belassen werden soll.
In einer Abendsitzung begann der Rat gestern noch mit den Beratungen der Thesen der Kommission 5 (Parlament, Regierung, Verwaltung). Diese werden ihn heute den ganzen Tag über beschäftigen.



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