Kanton

Freitag 15. März 2002, Kanton


Es bleibt alles beim Alten
Der Freiburger Verfassungsrat will den Kanton in Verwaltungsbezirke unterteilen
Wollen wir in Zukunft einen Kanton, der in Gemeinden, oder einen, der in Verwaltungsbezirke eingeteilt ist? Diese zwei Thesen standen gestern zur Diskussion. Von der Auflösung der Bezirke wollte der Rat nichts wissen und ging somit auf Nummer sicher.
Von IRMGARD LEHMANN
Mit 58 gegen 54 Stimmen bei 3 Enthaltungen wurde der Minderheitsantrag am Donnerstag vom Verfassungsrat angenommen. Die These besagt, dass «das Kantonsgebiet in Verwaltungsbezirke unterteilt ist». Somit hatten im Rat Visionen und Neuerungen keine Chance. «Im Westen nichts Neues» hiess es in der Pause von Seiten einiger Verfassungsratsmitglieder.
Bezirksstrukturen hinterfragt
Enttäuscht zeigte sich Moritz Boschung-Vonlanthen (CVP, Düdingen), der für die Auflösung der Bezirksstrukturen plädierte. Für ihn liegen mit Bund-Kanton-Gemeinde klare Strukturen vor. Denn heute beherge das Oberamt Bereiche, die mit dem Oberamt gar nichts zu tun haben, wie etwa die Staatseinnehmerei, das Grundbuchamt, das Betreibungsamt und oft auch noch das Kreisforstamt. Diese administrativen Bereiche werden von der Bevölkerung automatisch dem Oberamt zugeordnet, was falsch sei.
Trotz des Abstimmungsergebnisses konnte Moritz Boschung-Vonlanthen der engagierten Diskussion Positives abgewinnen. «Die minime Stimmendifferenz zeigt deutlich, dass die Bezirksstrukturen hinterfragt werden müssen, sonst wäre das Resultat eindeutiger ausgefallen.» Schon rein die Tatsache, das Tabu Bezirksauflösung aufs Tapet zu bringen, müsse auf der Plusseite eingestuft werden. «Ich bin überzeugt, dass wir in ein paar Jahren die gleichen Fragen wieder aufwerfen.»
Die Abschaffung der Bezirke bewegt die Gemüter
Die Abstimmung über die zukünftige Kantonsstruktur hat die Anwesenden über zwei Stunden in Atem gehalten. Der Abstimmung um die Wurst beziehungsweise um die Frage nach der Auflösung von Bezirksstrukturen gingen nicht weniger als fünf Änderungsanträge voraus. Peter Jäggi (CSP, Schmitten) beispielsweise plädierte für die Einsetzung von drei bis fünf Regionen. Von der Abstimmung zeigte er sich sehr enttäuscht: «Von Innovation ist in diesem Gremium wahrhaftig nichts zu spüren.»
André Schönenweid (CVP, Freiburg) wiederum schlug die Unterteilung des Kantons in drei bis fünf Verwaltungsbezirke vor. Von nichts Dergleichen sprach hingegen Philippe Remy (FDP, Bulle). Er wollte die Aufteilung in Verwaltungsbezirke gar nicht erst in der Verfassung erwähnt haben. Und ein Antrag für Agglomerationen und Regionen kam aus der Ecke der Sozialdemokraten, von Erika Schnyder aus Villars-sur-Glâne.
Parteimitglieder uneinig
Auffallend war, dass Verfechterinnen und Verfechter für die Abschaffung der Bezirke quer durch die Reihen aller Parteien auszumachen waren.
Vor allem die CVP war sich der Frage ganz und gar nicht einig. Dass sich ein Placide Meyer (CVP, Bulle), ehemaliger Oberamtmann des Greyerzbezirks, mit unermüdlicher Hartnäckigkeit immer wieder zu Wort meldete und sich für die Beibehaltung der Bezirke beziehungsweise des Oberamtes einsetzte, war wohl verständlich. Mit einem Oberamt sei Volksnähe gegeben und der Oberamtmann müsse als Vermittler zwischen Bürger und Staat angesehen werden.
Also warum etwas in die Wüste schicken, das bis jetzt so gut funktioniert hat? Einen Gegner fand Meyer in der Person von Olivier Suter (Gruppierung Bürgerbewegung, Estavayer-le Gibloux): «Bezirke gehören der Vergangenheit an.» Die Kommission wolle mit ihrem Mehrheitsantrag, den Kanton aus Gemeinden zusammenzusetzen, neue Strukturen schaffen. «In der Gemeinde findet der Kontakt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern statt und nicht auf dem Oberamt», meinte er.
Unterstützung fand Suter ebenfalls in den Reihen der Sozialdemokraten. Bernadette Hänni (SP, Murten) unterstrich die Aussage und plädierte für die Abschaffung. Als Variante schlug sie die Schaffung von acht Gemeinden oder drei bis fünf Regionen vor (Vorschlag Peter Jäggi).
«Damit sind wir 30 Jahre zu früh»
Relativ geschlossen äusserte sich auch die FDP gegen das Vorhaben, Bezirksgrenzen aufzulösen. Peter Bachmann aus Murten: «Mit solchen Ideen sind wir 30 bis 40 Jahre zu früh.» 80 Prozent der Stimmbürgerinnen und -bürger würden die Aufhebung ablehnen, gab er sich überzeugt.

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