Kanton

Donnerstag 21. Februar 2002, Kanton


Grundversorgung soll Kernaufgabe werden
Der Verfassungsrat hat mit der Beratung über die Staatsaufgaben begonnen
Der Staat soll bei der Erfüllung seiner Aufgaben einen qualitativ hochwertigen und bürgernahen «service public» erbringen. Zu diesem Grundsatz hat sich die verfassungsgebende Behörde am Mittwochnachmittag durchgerungen. Dazu sollen namentlich eine genügende Wasser- und Energieversorgung zählen.
Von WALTER BUCHS
Zu Beginn der drei Tage dauernden Februar-Session hat der Verfassungsrat die Behandlung der Vorschläge der Sachkommission 3 aufgenommen. Diese hatte den Auftrag, sich hauptsächlich mit den staatlichen Aufgaben zu befassen. Wie Präsidentin Erika Schnyder (SP), Villars-sur-Glâne, bekannt gab, hat sich die Arbeitsgruppe dabei auf einen «nicht allzu ausführlichen Katalog» geeinigt. Trotzdem hat sie 66 Thesen verabschiedet, wovon rund 50 die Staatsaufgaben betreffen.
Solidarität als Leitlinie
Für die FDP-Fraktion ging das aber zu weit, weil ein allzu langer Katalog der Lesbarkeit und Verständlichkeit der Verfassung abträglich sei. Dabei wurde ausdrücklich betont, dass es nicht darum gehe, die Aufgaben des Staates einzuschränken, sondern die Übersichtlichkeit der künftigen Verfassung sicherzustellen. In diesem Sinne entschied sich das Plenum dafür, die Aufzählung der Staatsaufgaben in einen summarischen Katalog zu verpacken, wie es die Neuenburger Verfassung macht.
Dieser Vorsatz wurde dann auch gleich umgesetzt und auf Vorschlag der CVP-Fraktion wurden drei von der Kommission vorgeschlagene Thesen durch eine einzige ersetzt. Danach soll sich der Staat bei seiner Tätigkeit «von den Grundsätzen der Subsidiarität, der Angemessenheit, der Transparenz und der Solidarität leiten lassen». Dabei wurde der Begriff «Solidarität» auf Vorschlag von Pierre Aeby (SP), Freiburg, und im Einverständnis mit CVP-Sprecher Nicolas Grand, Romont, erst im Laufe der Diskussion hinzugefügt.
«Service public»: Ein zentrales Anliegen
Ein wichtiger Diskussionspunkt der Kommission war namentlich die Frage, ob die Grundprinzipien der staatlichen Tätigkeit auch die Grundversorgung (den «service public») einschliessen sollen oder nicht. Ganz knapp hatte sie beschlossen, darauf zu verzichten. Eine Kommissionsminderheit hatte hiezu aber eine detailliert formulierte These vorgeschlagen. Unter dem Eindruck der Liberalisierungstendenzen der letzten Jahre wurde in der Diskussion bald klar, dass dem Staat ein klarer Auftrag erteilt werden sollte, für die Grundversorgung einzustehen. Trotzdem entschied sich das Plenum für eine knappe Formulierung, welche im Namen der Fraktion «Öffnung» von Jean-Bernard Repond, Bulle, vorgeschlagen wurde.
Bei den von der Kommission vorgeschlagenen Thesen zum Thema «Umwelt» ging es schwergewichtig um die Nutzung von Rohstoffen (Regalrechte) und der natürlichen Ressourcen. Dabei wurde um die Formulierung des staatlichen Auftrags hart gerungen und es wurden zahlreiche Änderungsanträge eingebracht. Nach einem langwierigen Abstimmungsprozedere setzten sich gleich lautende Vorschläge der CVP und der FDP durch, wonach der Staat für eine «genügende Wasser- und Energieversorgung zu sorgen» hat.
Ein Antrag von Philippe Wandeler (CSP), Freiburg, der sich gegen die Nutzung der Kernenergie wandte und dem Staat finanzielle Beteiligungen an Atomkraftwerken untersagte, wurde mit Zweidrittelsmehrheit abgelehnt. Hingegen fanden die Vorschläge betreffend den Schutz der natürlichen Umwelt sowie die Förderung der Land- und Forstwirtschaft eine deutliche Unterstützung. Zudem erfuhr die Kommissionsthese zur Bodennutzung auf Vorschlag der Fraktion «Öffnung» noch eine klarere Formulierung.

Zurück