Sense

Samstag 1. Juli 2000, Sense


Für die gelebte Zweisprachigkeit
Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft tagte in St. Ursen
Die Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft will sich mit Engagement an der Arbeit des Verfassungsrats beteiligen, der in der Sprachenfrage Weichen stellen kann. Dabei steht das Problem des Territorialitätsprinzips im Vordergrund.
Von MARCEL WAEBER
«Wir betrachten die Zweisprachigkeit als ganz grosse, leider noch zu wenig genutzte Chance für unseren Kanton», hielt der Präsident der Deutschfreiburgischen Arbeitsgemeinschaft (DFAG), Josef Vaucher, in seinem Tätigkeitsbericht fest. An der Jahresversammlung am Donnerstagabend in St. Ursen wies er weiter darauf hin, dass die sprachliche Minderheit im Kanton von der Kurssetzung des Verfassungsrates unmittelbar betroffen sein könnte. Die DFAG regt deshalb an, einen Deutschfreiburger Klub, ähnlich dem des Grossen Rates, zu bilden, um sich zu informieren und eventuell einen Konsens zu finden.
Mit Germanisierung nichts zu tun
«Als Deutschfreiburger haben wir alles Interesse daran, mit den französischsprachigen Freiburgerinnen und Freiburgern nicht nur im Frieden zu leben, sondern auch enge und freundschaftliche Beziehungen mit ihnen zu pflegen», vermerkte Vaucher. «Wir bekennen uns zur Zweisprachigkeit und bemühen uns Französisch zu verstehen und zu sprechen, doch möchten wir aber auch, dass möglichst viele französischsprachige Mitbürgerinnen und Mitbürger uns Deutschfreiburger gut verstehen, indem sie unsere Sprache lernen.» Das habe mit der so genannten Germanisierung ebenso wenig zu tun, «wie unsere Französischkenntnisse der Romanisierung Vorschub leisten könnten». Der DFAG-Präsident betonte die Bedeutung der Zweisprachigkeit für den Wirtschaftsstandort Freiburg. Im Verlauf des Berichtsjahres wurden diesbezüglich Gespräche mit Vertretern der Handelskammer, der Wirtschaftsförderung und der Hochschule für Wirtschaft geführt.
Im vergangenen Jahr hat die Arbeitsgemeinschaft erstmals den «Preis für gelebte Zweisprachigkeit» verliehen. Er wurde dem Naturhistorischen Museum zugesprochen, und zwar «in Anerkennung seiner vorbildlichen Handhabung der Zweisprachigkeit in seinen Dienstleistungen und seiner öffentlichen Darstellung», wie es in der Urkunde hiess.
Junge zeigen Initiative
Nach wie vor ungelöst ist die Doppelbeschriftung des Bahnhofs Fribourg/Freiburg, wobei sich der Vorstand wiederholt mit dem Thema befasst hat. Vaucher bemerkte, dass seit dem Frühjahr 1999 in dieser Angelegenheit «nichts mehr geschehen ist». Der Gemeinderat der Stadt Freiburg hat - trotz Aufforderung durch den Staatsrat - bisher zum Rechtsgutachten von Professor Zufferey nicht Stellung bezogen, sodass kein Antrag an das Bundesamt für Verkehr gestellt werden konnte. Die DFAG nahm mit Genugtuung von der Demonstration von Kollegiumsschülern auf dem Bahnsteig Kenntnis, ausserdem sind Diplomarbeiten zu diesem Thema geschrieben worden. Vaucher: «Es ist ausserordentlich erfreulich, dass unsere jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger die Bedeutung der Zweisprachigkeit für unseren Kanton erkannt haben und auch bereit sind, etwas dafür zu tun.» Das leidige Thema bleibt auf der Pendenzenliste, doch soll die Problematik in einem erweiterten Rahmen zur Sprache gebracht und auf einen Entscheid gedrängt werden.
Bald einmal im Internet
Um die Mitglieder und weitere Interessierte auf dem Laufenden zu halten, ist die DFAG unter die Verleger gegangen: Bereits zweimal sind die «Freiburger Notizen» erschienen. Das Echo sei positiv gewesen, konstatierte Vaucher. Gegenwärtig ist die DFAG daran, eine Internetseite zu erstellen. Spätestens im September sollte die Homepage http://www.dfag.org operationell sein. Auf Abruf können dann Publikationen, Verlautbarungen, Pressemitteilungen heruntergeladen werden. Vorgesehen ist ausserdem ein Dialogfenster.
Auf dem Jahresprogramm 2000/2001 steht zunächst eine Veranstaltung über die Bedeutung der Zweisprachigkeit für den Wirtschaftsstandort Freiburg. Der Anlass steht in enger Verbindung mit der Abstimmung vom 24. September über die Förderung der Partnersprache in der Schule.
Erfolgreiche Theatervorstellungen
Aktiv in Erscheinung trat der Theaterausschuss der DFAG. Präsident Franz Baeriswyl wertete die Spielzeit 1999/2000 «als sehr gelungen». Insgesamt besuchten die neun Aufführungen in der Aula der Universität Freiburg 3577 Personen, wobei das Stück Romeo und Julia mit 614 belegten Plätzen am meisten Anklang fand. Zufrieden zeigte sich Baeriswyl mit der finanziellen Entwicklung, die - nach der schwierigen Spielzeit 1998/99 - stabilisiert werden konnte. Bemerkenswert sei, dass die Loterie Romande ihren Unterstützungsbeitrag von 15 000 auf 20 000 Franken erhöht habe. «Diese Geste interpretieren wir als Wertschätzung unserer Arbeit und als Willenskundgebung, auch weiterhin deutschsprachiges Theater in der Stadt Freiburg zu haben.» Total wurden aus dem Abonnements- und Billettverkauf im Vergleich zur vorangegangenen Spielzeit rund 18 000 Franken mehr eingenommen.
Für die kommende Saison sind wiederum neun Aufführungen geplant. Den Beginn macht das Hamburger Theater Grewe (erstmals bei der DFAG unter Vertrag) mit Johann Wolfgang Goethes Urfaust am 2. Oktober. Der Theater-Präsident hofft, dass auch heuer wieder zahlreiche Abonnemente eingelöst werden (in der letzten Saison waren es 191) und verbürgt sich für die «hohe Qualität der Schauspieltruppen».
St. Ursen in Buchform
Im zweiten Teil der Jahresversammlung stellte der Kulturhistoriker Peter F. Kopp das soeben neu aufgelegte Buch «St. Ursen - die vergessene Gemeinde» vor. Der Autor mischte an der Vernissage in seiner ihm eigenen Art Fakten und Fiktion zu einem schriftstellerisch-freizügigen Potpourri, doch sollen sich diese fantasievollen Höhenflüge über den Niederungen von St. Ursen in seinem neuesten Werk nicht widerspiegeln (siehe Kasten), wie Mitglieder der Buchkommission versicherten.




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