Bestickte Glockenriemen
In der alten Grafschaft Greyerz, die 1555 auf die Kantone Freiburg und Bern aufgeteilt wurde, haben sich die Bauern schon im 15. Jahrhundert auf die Viehzucht spezialisiert, um auf ihren Alpen Käse herzustellen. Für den Alpauf- und -abzug der Herden, die aus den Greyerzer Dörfern aber auch aus den benachbarten Gebieten der Glane und des Vivisbachs stammten, entwickelte sich der Brauch, dass man den besten Kühen eine grosse, aus Eisenblech geschmiedete Glocke, eine Treichel, umhängte. Die Treicheln waren früher mit einem Tragbügeln aus Holz versehen. Der Tragbügel war oft mit Schnitzereien oder Metallbeschlägen verziert. Zahlreiche solcher Tragbügel aus dem 17. Jh. haben die Zeit überstanden.
Zwischen 1730 und 1750 wurden die hölzernen Tragbügel durch Halsbänder aus Leder ersetzt, die im Patois „rimô“ genannt wurden. Bevorzugt wurden Glockenriemen aus weissem Leder, die mit Streifen aus schwarzem Leder bestickt und mit Verzierungen aus rotem Tuch versehen waren. Die ersten Motive waren inspiriert von den Schnitzereien auf den hölzernen Tragbügel. Mit den Verzierungen aus Pflanzenmotiven und Arabesken erreichte dieses Kunsthandwerk im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts seinen Höhepunkt. Der Niedergang folgte im 19. Jahrhundert als Glocken aus Bronzeguss, die mit einem einfachen schwarzen Lederriemen getragen wurden, in Mode kamen. Als man um 1910 wieder damit begann, Treicheln zu schmieden und die grossen Glocken ebenfalls mit bestickten Tragriemen versehen wurden, erlebte das Handwerk eine Renaissance. Seit dieser Zeit stellen die Sattler Glockenriemen her, deren Verzierungen den Motiven des 18. Jahrhunderts abgeschaut sind; es sei denn, ein Handwerker erarbeite sich seinen eigenen Stil.
In der Mitte des 20. Jahrhunderts tauchen Kartuschen mit gemalten Szenen aus dem Älplerleben oder dem Bild einer prämierten Kuh auf, aber auch gestickte Inschriften, die an einen Geburtstag oder ein besonderes Ereignis erinnern. Noch heute pflegen Berufssattler wie auch Amateure diese Tradition im Kanton Freiburg und in welschen Kantonen, in welchen Viehzucht betrieben wird. Die Aufträge werden von Bauernfamilien, Viehzuchtgenossenschaften, Organisatoren von Milchviehaussstellungen aber auch von Privaten für Dekorationszwecke erteilt. Bei Alpabzügen, Veranstaltungen von Viehzüchtern und manchen Umzügen kann man auch heute noch die Schöpfungen dieses kreativen Kunsthandwerks bewundern.
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Autor
Denis Buchs
Übersetzung : Anton Jungo