Vorgeschichte
Vom Mittelalter zur Gegenwart - In seiner heutigen Form wird das Verzeichnis der unbeweglichen Kulturgüter (RBCI) seit 1997 erstellt. Es enthält Angaben aus verschiedenen früheren Projekten, insbesondere den Verzeichnissen der Bauernhäuser und Alphütten sowie dem Verzeichnis der zeitgenössischen Architektur.
Zudem sind in das kantonale Verzeichnis die Daten folgender nationaler Verzeichnisse integriert: Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS), Inventar der Kampf- und Führungsbauten (ADAB), Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz sowie Die Kunstdenkmäler der Schweiz.
Im Juni 2018 verfügten alle Freiburger Gemeinden über ein Verzeichnis der unbeweglichen Kulturgüter. Zu diesem Zeitpunkt wurden insgesamt 19‘581 unbewegliche Kulturgüter auf dem Kantonsgebiet erfasst, darunter Wegkreuze, Grenzsteine, Brunnen, Strassen- und Bahnanlagen.
Das Verzeichnis, eine neue Idee?
Nein. Bereits 1798 hatte die Helvetische Republik die Präfekten (Regierungsstatthalter) beauftragt, ein Verzeichnis der «Antiquitäten» des Kantons zu erstellen, dafür zu sorgen, dass diese keinen Schaden nehmen, und Massnahmen zu ihrer Erhaltung zu ergreifen. Solche und ähnliche Pläne wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Kreisen der Geschichts- und Kunstfreunde immer wieder diskutiert.
Dazu gehört beispielsweise die Archäologische Gesellschaft, die sich bei ihrer Gründung 1826 «Gesellschaft für die Entdeckung und Erhaltung nationaler Kunstgegenstände und Antiquitäten» nennt. Um die für eine geplante Freiburger Kantonsgeschichte benötigten Unterlagen zu erhalten, richtet der Erziehungsrat 1837 ein Rundschreiben an Klöster und Oberämter. Die ersten werden ersucht, ein Inventar ihrer Archive und Kunstgegenstände zu erstellen. Die zweiten sollen eine Liste «aller auf Kantonsgebiet befindlichen Kunst- und Baudenkmäler» anfertigen, die insbesondere zu enthalten hat: «1) alte öffentliche wie private Gebäude, wie Schlösser, Klöster, Kirchen usw.; 2) alte Bilder und Porträts; 3) Grabmäler mit ihren Inschriften; 4) Inschriften, Daten und Schilder; 5) farbige Glasfenster; 6) Münzen und Medaillen; 7) Rechtstitel, Urkunden und Handschriften; 8) römische Strassen; 9) Möbel, Waffen und Gebrauchsgegenstände sowie Gewänder aus alter Zeit; 10) Fresken.» Einzig das Kloster Magerau und der Oberamtmann von Estavayer machen sich die Mühe einer Antwort. Die Umfragen der Studiengesellschaft 1853 und des Kunstvereins (Société des Beaux-Arts) 1877 sollen vor allem dazu dienen, bewegliche Objekte zu erfassen, um die Zerstreuung des sakralen Kulturerbes zu verhindern und die Bildung musealer Sammlungen zu fördern.
Am 14. Februar 1900 promulgiert der Staatsrat einen Beschluss für die «Erhaltung der Denkmäler und Objekte von künstlerischem, archäologischem oder historischem Interesse» und beschliesst die Erstellung eines «Inventars aller von Natur aus oder durch ihren Zweck unbeweglichen Güter und aller beweglichen Güter, deren Erhaltung vom Standpunkt der Geschichte oder der Kunst aus von nationalem Interesse sein könnte». Gleichzeitig wird die erste Kunstdenkmälerkommission eingesetzt.
Am 14. Mai 1916 legt Chorherr Nicolas Peissard, der damals das Amt des Kantonsarchäologen ausübt, eine erste Liste von 13 schützenswerten Bauten vor: die romanische Kapelle Notre-Dame de la Compassion in Domdidier, die romanischen Chöre der alten Kirche von Pont-la-Ville, der Kirche Vers-St-Pierre in Treyvaux, der Kirche von Bärfischen, der Kapelle von Rueyres-St-Laurent, der alten Kirche von Morens und der Kirche von Orsonnens, die Kollegiatkirche in Romont, die reformierte Kirche in Merlach sowie die Schlösser Pont-en-Ogoz, Montsalvens, Obermaggenberg und Montagny.
Am 24. Februar 1925 erhält Chorherr Peissard vom Staatsrat den offiziellen Auftrag zur Erstellung des «Inventars der Gebäude, die ganz oder teilweise in künstlerischer oder historischer Hinsicht von besonderem Interesse sind», und beginnt seine Arbeit in der Stadt Freiburg. Am 23. Juni 1935 überreicht er der Erziehungsdirektion eine Liste mit 198 Bauten, zweifellos das erste echte Verzeichnis des Kantons.
Professor Heribert Reiners, von 1925 bis 1945 Inhaber des Lehrstuhls für Kunstgeschichte der Universität Freiburg, unternimmt seinerseits die erste wissenschaftliche Inventarisierung der freiburgischen Baudenkmäler. Seine Arbeit, die als Grundlage für die Freiburger Bände in der Reihe «Kunstdenkmäler der Schweiz» hätte dienen sollen, blieb Fragment und wurde von Marcel Strub und anschliessend von Hermann Schöpfer fortgesetzt. Die Basis für die heutigen Verzeichnisse bildet allerdings das Verzeichnis des ländlichen Bauerbes, das Jean-Pierre Anderegg zwischen 1972 und 1996 schuf.
Das Verzeichnis, warum und wozu?
Der Hauptzweck eines Verzeichnisses besteht darin, Eigentümer und Gemeinden über die Notwendigkeit aufzuklären, Massnahmen zur langfristigen Sicherung ihres Kulturerbes zu ergreifen. Das Verzeichnis bildet die Grundlage für die in den Detailbebauungsplänen vorgesehenen Schutzmassnahmen. Es gibt Gemeinde- und thematische Verzeichnisse.
Die Gemeindeverzeichnisse sind an die Total- oder Teilrevision einer Ortsplanung gebunden. Die Revision, Nachführung oder Abfassung des Verzeichnisses einer Gemeinde hat die Festlegung der in der neuen Ortsplanung vorzusehenden Schutzmassnahmen zu begründen, zu fördern und zu ermöglichen.
Die thematischen Verzeichnisse dienen dazu, einen Gebäudetyp innerhalb einer identischen und homogenen Gruppe zu beurteilen und zu bewerten.
Ein Verzeichnis hat keinen Ewigkeitswert. Es hängt nicht nur von den Veränderungen unseres Lebensrahmens und unserer Lebensweisen ab, sondern auch von der Entwicklung unserer Kenntnisse, unserer Werte und unserer Identität. Was wir unter Kulturerbe verstehen, hat weniger mit dem Objekt als mit unserem eigenen Blick auf das Objekt zu tun. Gebäude, die in der Vergangenheit als belanglos eingestuft wurden, werden heute als schützenswerte Kulturgüter betrachtet.
Das Verzeichnis, mit welchem Recht?
Das Verzeichnis und die Unterschutzstellung der Kulturgüter werden durch das Gesetz vom 7. November 1991 über den Schutz der Kulturgüter (KGSG Art. 3, 44 und 45) und dessen Ausführungsreglement vom 17. August 1993 geregelt.
Das Verzeichnis, wie und in welchem Umfang?
Prüfen
Das Kulturgüterverzeichnis wird nach einem oder mehreren Besuchen der betroffenen Gemeinde oder Bauten erstellt. Diese Arbeit vor Ort erlaubt, den Erhaltungszustand der von früheren Verzeichnissen erfassten Gebäude zu kontrollieren oder die Liste gegebenenfalls durch neue Eingaben zu vervollständigen. Die Gebäude werden zurzeit lediglich von aussen in Augenschein genommen.
Dokumentieren
Die Mitarbeitenden erstellen vor Ort einen Kurzbeschrieb des Objekts, der insbesondere Angaben zu den Materialien und Bauphasen, die Beschreibung der Lage und der Umgebung sowie die Transkription aller sichtbaren Inschriften enthält. Eine fotografische Dokumentation gewährleistet die Identifizierung des Gebäudes und belegt seinen Zustand im Augenblick der Erfassung. Im Allgemeinen werden die Innenräume nicht fotografiert. Erweiterte Dokumentationen können diesen Beschrieb bei Bauarbeiten vervollständigen.
Studieren
Da das Verzeichnis keinen wissenschaftlichen Zweck verfolgt, werden die gesammelten Daten nicht systematisch durch Archivforschungen ergänzt. Die meisten historischen Angaben stammen entweder aus Publikationen oder beruhen auf dem Studium von Brandkatastern, geometrischen Plänen sowie gelegentlich Steuer- und Grundbuchregistern oder Urbaren. Eingehendere Forschungen werden lediglich bei erweiterten Dokumentationen unternommen.
Das Verzeichnis, objektiv oder subjektiv?
Das Kulturerbe ist nicht allein durch sein hohes Alter oder seinen malerischen Charakter gekennzeichnet. Unbewegliche Kulturgüter werden nach sechs Kriterien beurteilt.
Historische Bedeutung
Das unbewegliche Kulturgut zeugt von gedenkwürdigen Aktivitäten, Ereignissen oder Personen. Der historische Charakter lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten beurteilen: handwerkliche oder künstlerische Aktivität, geistiges, soziales oder wirtschaftliches Leben usw.
Form und dekorative Elemente
Das unbewegliche Kulturgut weist handwerkliche oder künstlerische Elemente von besonderem Interesse auf. Die Ausführungsqualität lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln beurteilen: allgemeine Form, bauliche Details, Bauschmuck, Malereien, Skulpturen, Einrichtungen usw.
Repräsentativität
Das unbewegliche Kulturgut vereint die Hauptmerkmale eines Typs oder hat Modellcharakter für eine Kategorie. Der Typ lässt sich auf Grund verschiedener Aspekte definieren: Bautechnik, Bauform, Grundriss und Anlage, Stil usw.
Seltenheit
Das unbewegliche Kulturgut ist selten; es gibt nur wenige Beispiele derselben Art. Die Seltenheit lässt sich aus verschiedenen Perspektiven beurteilen: Bauzeit, Zweck, Bautechnik, Bauform, Stil usw.
Erhaltungszustand
Das unbewegliche Kulturgut ist mehr oder weniger gut erhalten. Der Erhaltungszustand lässt sich anhand verschiedener Aspekte bewerten: Materialien, Bauform, Raumordnung usw.
Situation
Das unbewegliche Kulturgut ist Teil der Struktur oder des Charakters eines Ortsbildes. Seine Rolle lässt sich auf verschiedenen Ebenen beurteilen: Erscheinungsbild des Ortes, Beschaffenheit und Verteilung von bebauten und unbebauten Flächen usw.
Das Verzeichnis, von A bis C
Gemäss dem Ausführungsreglement zum Kulturgütergesetz (Art. 48, Abs. 1) lässt sich der Wert des Objekts als Kulturgut nach folgender Skala festlegen:
A = Hohe Qualität: besonders repräsentatives, seltenes und/oder hervorragend gestaltetes Objekt, dessen ursprüngliche Substanz erhalten ist.
B = Gute Qualität: repräsentatives und/oder sorgfältig gestaltetes Objekt, dessen ursprüngliche Substanz oder Hauptelemente erhalten sind.
C = Durchschnittliche Qualität: repräsentatives Objekt auf Grund gewisser wesentlicher Elemente, deren ursprüngliche Substanz erhalten ist.
Zu den nicht verzeichneten unbeweglichen Kulturgütern gehören:
- Gebäude, die historisch oder typologisch von Interesse sind, deren historische Substanz oder Lage jedoch eine zu geringe Bedeutung haben, oder diese Bedeutung verloren haben;
- Gebäude, die im Verzeichnis der zeitgenössischen Architektur enthalten sind, doch auf Grund ihres Alters von weniger als 30 Jahren im Prinzip zu jung sind, um als Kulturgut betrachtet zu werden.
Nützliche Links
Geoportal des Staats Frieburg - map.geo.fr.ch
Gesetz über den Schutz des Kulturgüter (KGSG) - BDLF - LPBC 482.1
Ausführungsreglement zum Gesetz über den Schutz der Kulturgüter (ARKGSG) - BDLF - RELPBC 482.11
ISOS - Bundesinventar des schützenswerten Ortsbilder der Schweiz www.isos.ch
ViaStoria - Zentrum für Verkehrsgeschichte www.viastoria.ch/
ADAB - Inventar der Kampf- und Führungsbauten www.ar.admin.ch
LGAS - Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz www.icomos.ch
KdS - Die Kunstdenkmäler der Schweiz www.gsk.ch