Die Bastians (Estavayer-le-Lac)
Verschiedene alte Traditionen und Bruderschaften bringen weiterhin Abwechslung in das Leben von Estavayer-Le-Lac/Stäffis am See, darunter die Bruderschaft der Bastians oder «Bons maris», der guten Ehemänner, die augenblicklich 24 Mitglieder umfasst. Alle drei Jahre wird anlässlich der Hauptversammlung, die am 6. Januar, dem Dreikönigstag, stattfindet, ein neuer Gouverneur bzw. Präsident gewählt. Welche Bedingungen muss erfüllen, wer in diese Bruderschaft aufgenommen werden will? Der Kandidat hat seit mindestens 30 Jahren ein männlicher Stäffiser Bürger zu sein. Laut den Statuten wird das offizielle Fest der Bruderschaft alljährlich am Sonntag nach dem 20. Januar, dem Tag des hl. Sebastian, gefeiert. Das Programm ist stets dasselbe: Armbrustschiessen (Sebastian ist der Schutzheilige der Schützen), Messe in der Pfarrkirche, Versammlung, Mittagessen, Umzug durch die Stadt mit Gesang und unter den Klängen von Pfeifern und Trommlern, mit Stopps auf der Place des Bastians, wo das traditionelle Lied gesungen wird, und in den wenigen sonntags geöffneten Cafés. Zwei Besonderheiten: die Kleidung – man trägt an diesem Tag Mantel und Hut – und die «Beichte» während des Banketts – man teilt dem Gouverneur ein paar kleine Verfehlungen, doch vor allem gute Nachrichten mit, wie die Geburt eines Kindes. «Fehler» werden mit bescheidenen Bussen geahndet. So werden beispielsweise von neu verheirateten Mitgliedern ein paar Franken als Steuer eingezogen. Zum Abschluss dieses Tages, der im Zeichen des Wiedersehens und des Humors steht, geniesst man mit allen zusammen das «Gouverneursmahl».
Im Mittelalter zählte Estavayer mehrere Zünfte oder «Abbayes». Die 582 gegründete Sebastiansbruderschaft vereinte ursprünglich die städtischen Schützen, die Bastians. Als 1830 die Société des Carabiniers gegründet wurde, verschwanden die Bastians nicht vollständig: Nach einer Pause zwischen 1847 und 1857 kam es zu einer Neugründung der Bruderschaft. Heute spricht man nicht mehr von der Sebastianszunft, sondern von den Bastians oder «Bons maris», eine Bezeichnung, die schmunzeln lässt und den Vereinsstatuten entspricht, die von feinem Spott geprägt sind. Allerdings ist unbekannt, wann dieser Beiname aufkam und wie er sich tatsächlich erklären lässt (Volmar, S. 42).
Um ihre Fortdauer zu sichern und junge Mitglieder zu finden, haben die Bastians einige Neuerungen eingeführt. Insbesondere werden nun auch Söhne von Brüdern aufgenommen, bevor diese verstorben sind. Ein weiterer Beweis für die Anpassung an die heutige Gesellschaft: die Bastians müssen nicht mehr unbedingt in Estavayer leben; zur Hälfte wohnen sie ausserhalb der Stadt, und der gegenwärtige Gouverneur (Marc Bonny) hat seinen Wohnsitz im Kanton Zürich. Die Herausforderung, die sich den «Bons maris» heute stellt? Die Ränge füllen, damit die Bruderschaft weiterbestehen kann, deren Hauptziel die Pflege der Stäffiser Traditionen und der Freundschaft ist.
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Artikel vom Migros Magazin "Comment être un bon mari"
Referenzen
Auteur
Florence Bays
Übersetzung: Hubertus von Gemmingen